Gedenken

Kurz: "Uns allen ist nicht wirklich zum Feiern zumute, aber..."

Kanzler Kurz bei der Kranzniederlegung am 75. Jahrestag der Republikgründung.
Kanzler Kurz bei der Kranzniederlegung am 75. Jahrestag der Republikgründung.REUTERS
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Vor 75 Jahren wurde die Republik Österreich wiedererrichtet, erinnert Kanzler Kurz. Heute arbeite man abermals „an dem Comeback für Österreich“ - mit Disziplin, Masken und Soforthilfen kämpfe man gegen das Coronavirus und für „jeden Arbeitsplatz“.

Vor 75 Jahren, am 27. April 1945 schlug - noch vor der Kapitulation der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg - mit der Unabhängigkeitserklärung von SPÖ, ÖVP und KPÖ die Geburtsstunde der Zweiten Republik. Der „Anschluss“ an das „Dritte Reich“ wurde für null und nichtig erklärt. Ein Ereignis, dem heute in großem Rahmen hätte gedacht werden sollen - doch die Corona-Pandemie warf die Pläne um: Die Zahl der Gedenkenden wurde reduziert, die Kranzniederlegungen mit Mund-Nasen-Schutz abgehalten und die Ansprache von Regierungschef Sebastian Kurz (ÖVP) aus dem Kanzleramt live übertragen - ein Quartett der Wiener Philharmoniker spielte im Nebenraum.

In seiner 15-minütigen Rede sprach Kurz die ungewohnten Bilder auch sogleich an: „Heute vor 75 Jahren wurde die Republik Österreich wiedererrichtet“, begann der Kanzler. Im Herzen Europas sei aus einem „schwachen und zerrüttetem Österreich“ ein „starkes und wohlhabendes Land“ geworden, dankte er Gründervätern wie Leopold Figl, „großen Gestaltern“ wie Bruno Kreisky und „Vordenkern“ wie Alois Mock für das „Erbe“, das diese hinterlassen hätten. Trotz dieser Leistungen aber erlebe man aktuell „keine gewöhnliche Zeit“, weshalb „uns allen nicht wirklich zum Feiern zumute ist“, verwies Kurz auf die Pandemie und die damit einhergehenden „Herausforderungen“.

Daten 1945

23. April: Einigung über die Errichtung einer „provisorischen österreichischen Staatsregierung“.

27. April: Die Regierung proklamiert mit einer Unabhängigkeitserklärung die „Wiederherstellung der Republik“.

8. Mai: Ende des Zweiten Weltkriegs durch die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht.

„Erster Meilenstein“, keine Entwarnung

Doch auch das, so gab er sich optimistisch, sei nichts wirklich Neues: Die Geschichte lehre, dass es stets Auf- und Abschwünge gegeben habe, verwies er auf Finanzkrisen, Naturkatastrophen, „gewaltsame Konflikte auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft“. Aus jeder dieser Krisen aber sei Österreich „gestärkt“ hervorgegangen. „Und so wird es auch diesmal sein, da bin ich mir sicher“, betonte der ÖVP-Obmann. Das würden auch die vergangenen Wochen zeigen: Österreich habe „die Coronakrise bisher, Gott sei Dank, gut gemeistert“. Man habe rasch gehandelt, die Bürger hielten sich an die Abstands- und Hygienemaßnahmen, setzten Masken auf und so „konnten wir gemeinsam die Infektionskurve abflachen“.

Das sei ein „erster wichtiger Meilenstein“, der zwar „nicht stolz machen“ solle, aber doch dürfe man sich „darüber freuen“ - sofern jetzt nicht nachgelassen werde, appellierte der Kanzler, trotz erster Lockerungen weiter achtsam zu sein. Er wisse, dass es schmerzhaft sei, Freunde, Familie und andere wichtige Personen nicht sehen oder umarmen zu können. Dass es viele gebe, die gerne arbeiten wollten, aber derzeit in Kurzarbeit oder arbeitslos seien. Und er wisse auch, „dass nicht von heute auf morgen alles so sein wird, wie es war“ und die „nächsten Monate nicht einfach werden“. Aber er könne versprechen, dass Türkis-Grün alles tun werde, „um unsere Freiheit wiederzubekommen“. 

„Investieren, wo immer es sinnvoll ist“ 

Dazu dienten als erster Schritt auch die bereits beschlossenen Soforthilfen - bisher seien bereits 14 Milliarden Euro geflossen -, meinte Kurz. In den kommenden Jahren würden weitere Maßnahmen folgen, kündigte er eine Entbürokratisierung der Republik an. Man werde „alle unnötigen Regeln abschaffen“ und alles daran setzen, dass mithilfe „mutiger Unternehmen“ der Wirtschaftsstandort Österreich wieder zurück an die Spitze käme. 

Und: „Egal ob Pflegepersonal, Sicherheitskräfte, Supermarktmitarbeiter oder viele andere - wer hart arbeitet, soll künftig mehr zum Leben haben“, spielte Kurz darauf dann, dass die aktuelle Krise deutlich gezeigt habe, „dass die Menschen, die unsere Gesellschaft am Laufen halten, nicht immer auch die sind, die den größten Bonus ausbezahlt bekommen.“ Zugleich werde man entschieden gegen Steuerflucht vorgehen und gegen „ungerechte Steuermodelle großer Konzerne ankämpfen“. Darüber hinaus soll „verstärkt investiert“ werden und zwar „wo immer es sinnvoll ist - vor allem in Digitalisierung, Ökologisierung und Bildung“.

Am Ende seiner Ansprache spannte Kurz den Bogen zurück zum 75-Jahr-Jubiläum: „Wir können mit Stolz auf unser Land blicken und dankbar sein für all das, was in unserer Republik bisher erreicht wurde“, sagte Kurz. „Aber wir können auch mit Mut und Zuversicht vorausblicken, auf all das, was wir gemeinsam noch erreichen können: Auf das Comeback für Österreich, an dem wir alle beteiligt sind.“ 

Kranzniederlegung mit Mundschutz

Zuvor hatten die Spitzen der türkis-grünen Bundesregierung am Äußeren Burgtor in Wien der Geschehnisse vor 75 Jahren gedacht: Kanzler Kurz, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) trugen dabei einen hellblauen Mund-Nasen-Schutz, die Garde des Bundesheers (ihrerseits mit rot-weiß-roten Masken ausgerüstet) war in Minimalbesetzung anwesend - zu sechst war man erschienen. Stellvertretend für die Militärmusik spielte ein einzelner Trompeter auf.

Eine knappe halbe Stunde später - und damit zeitgleich mit dem Beginn der Rede von Kurz aus dem Kreisky-Zimmer des Bundeskanzleramtes - erschien Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Äußeren Burgtor, ebenfalls mit Maske.

Kanzler Kurz, Vizekanzler Kogler und Verteidigungsministerin Tanner bei der Kranzniederlegung am 75. Jahrestag der Republikgründung.
Kanzler Kurz, Vizekanzler Kogler und Verteidigungsministerin Tanner bei der Kranzniederlegung am 75. Jahrestag der Republikgründung.(c) Roland Schlager, APA

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