Beschäftigungsbarometer

Deutsche Unternehmen bereiten sich auf Kündigungen vor

Dem deutschen Arbeitsmarkt droht in der Coronakrise nach Einschätzung des Ifo-Instituts nach der Kurzarbeit auch ein Stellenabbau. Allein im Einzelhandel werden bis zu 50.000 Insolvenzen erwartet.

Die Personalabteilungen der deutschen Unternehmen bereiten sich auf Entlassungen vor", fasste das Münchener Forschungsinstitut Ifo am Dienstag das Ergebnis einer Umfrage zusammen. Das anhand der Erhebung ermittelte Ifo-Beschäftigungsbarometer sei im April auf ein Rekordtief von 86,3 Punkten abgestürzt, von 93,4 Punkten im März. Auch der Rückgang des Indexwertes war der stärkste, der vom Ifo-Institut jemals ermittelt wurde.

"Die Arbeitslosigkeit in Deutschland wird daher steigen", lautet die Schlussfolgerung der Wirtschaftsforscher. Die Entwicklung dürfte alle Bereiche der deutschen Wirtschaft betreffen. Demnach sollte es auch im Dienstleistungssektor erstmals seit der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 wieder zu Kündigungen kommen.

In der Industrie erwarten die Forscher, dass sich der Trend rückläufiger Mitarbeiterzahlen, der bereits vor der Coronakrise eingesetzt habe, verstärkt fortsetzen werde. Auch im Handel dürfte die Zahl der Mitarbeiter sinken, wobei die Ifo-Forscher die Supermärkte als einzige Ausnahme bezeichneten. "Auch der zuletzt boomende Bausektor kann sich der negativen Beschäftigungsdynamik nicht mehr entziehen", hieß es weiter in der Mitteilung.

Das Ifo-Beschäftigungsbarometer basiert auf etwa 9000 monatlichen Meldungen von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, der Baubranche, des Groß- und Einzelhandels sowie des Dienstleistungssektors.

Der deutsche Arbeitsmarkt hatte sich vor der Coronakrise robust gezeigt. In den Jahren seit 2010 war die Arbeitslosenquote in der Tendenz gefallen. In diesem Zeitraum hat sich die Quote von etwa 8 Prozent auf zuletzt 5,1 Prozent im März verringert.

Einzelhandel erwartet bis zu 50.000 Pleiten

Der deutsche Einzelhandel erwartet wegen der Coronakrise bis zu 50.000 Insolvenzen in der Branche. Während der vierwöchigen Schließungen von Geschäften aus dem Nicht-Lebensmittel-Bereich habe die Branche bereits rund 30 Mrd. Euro Umsatz verloren, der auch nicht wiederzubekommen sei, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth.

Zudem sei seit der Wiedereröffnung vieler Geschäfte am Montag vergangener Woche der Kundenverkehr verhalten, sagte Genth den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstagsausgaben). Dies seien rund eine Mrd. Euro täglich gewesen.

Aktuell verliere der Handel täglich weiterhin "einen hohen dreistelligen Millionenbetrag", konstatierte Genth. Die Zahl von 50.000 Insolvenzen erwartet der HDE deshalb, weil das Eigenkapital vieler Unternehmen vor allem angesichts hoher Mietforderungen nicht ausreiche.

Besonders institutionelle Vermieter seien oft nicht zu Stundungen der Miete bereit oder verlangten Stundungszinsen von fünf bis neun Prozent, kritisierte Genth: "Hier fordern wir eine Risikoteilung." Betroffen seien sowohl große Filialunternehmer als auch kleine Geschäfte. "Wir fürchten sehr, dass die Innenstädte nach der Krise nicht mehr so aussehen werden wie vor der Krise - und viele Läden fehlen", sagte der HDE-Hauptgeschäftsführer.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.