Schweiz gewährt Roman Polanski späte Freiheit

(c) AP (FRANKA BRUNS)
  • Drucken

Das Warten hat für Roman Polanski ein Ende. Die Schweizer Regierung hat die Auslieferung des Regisseurs an die USA abgelehnt und ihn aus dem Hausarrest entlassen. Roman Polanski ist somit ein freier Mann.

Das Warten hat für Roman Polanski ein Ende. Seit gestern, Montag, kann sich der polnisch-französische Filmregisseur – zumindest in der Schweiz – wieder frei bewegen. Gegen 14 Uhr verkündete Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf vor versammelter Presse in Bern die Entscheidung im Fall Polanski. Die Schweizer Justiz hat den Auslieferungsantrag der USA (wegen sexuellen Missbrauchs an einer Minderjährigen in den 1970er-Jahren) abgelehnt und den Hausarrest aufgehoben. Roman Polanski ist somit ein freier Mann. Und die Kaution von umgerechnet drei Millionen Euro bekommt er auch zurück.

Die Gründe für die Ablehnung der Auslieferung haben aber nichts mit dem Sachverhalt zu tun, so Widmer-Schlumpf, sondern mit einem Mangel im Auslieferungsgesuch der USA, der auch nach intensiven Abklärungen „nicht mit der notwendigen Bestimmtheit ausgeschlossen werden“ konnte, wie das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) verkündete.

Damit endet ein weiteres Kapitel in der Causa Polanski. Seit 1977 beschäftigt der Regisseur die Gerichte. Der damals 43-jährige Polanski soll bei einer Feier in Los Angeles die 13-jährige Samantha Geimer mit Alkohol und Drogen gefügig gemacht und sexuell missbraucht haben. Der Regisseur wurde nach einer Klage der Eltern vor Gericht gestellt, er gestand die Tat und verbrachte 42 Tage im Gefängnis. Allerdings setzte er sich im Jänner 1978 nach Frankreich ab, da er fürchtete, dass das Verfahren erneut aufgerollt werden und ihm eine lange Haftstrafe drohen könnte. Länder, die ihn ausliefern könnten, mied er in weiterer Folge.

Im Jahr 1994 einigte sich Roman Polanski mit der Familie Geimer zivilrechtlich auf Schadenersatz, was aber nichts daran änderte, dass der US-Bundesstaat Kalifornien an der strafrechtlichen Verfolgung festhielt. 2003 vergab Samantha Geimer Polanski öffentlich. Im selben Jahr erhielt der Regisseur den Oscar für seinen Film „Der Pianist“. Abholen konnte er sich die begehrte Trophäe wegen des laufenden Strafverfahrens allerdings nicht.

Einen sichereren Hafen meinte er anzusteuern, als er sich im September 2009 beim Zürich Film Festival den Preis für sein Lebenswerk abholen wollte. Doch es kam anders: Bei der Einreise in die Schweiz wurde er aufgrund des US-Haftbefehls festgenommen. Berühmte Filmkollegen wie Martin Scorsese, David Lynch und Woody Allen forderten vergebens in einer Petition seine Freilassung.

Zwei Monate später wurde Polanski gegen eine Kaution von rund drei Millionen Euro aus dem Gefängnis entlassen. In seinem Chalet in Gstaad wurde er unter Hausarrest gestellt, um auf die Entscheidung des Auslieferungsgesuches der USA zu warten. Überwacht wurde er dabei mithilfe einer elektronischen Fußfessel.

Sogar Samantha Geimer forderte schließlich die Einstellung des Verfahrens. Das kalifornische Berufungsgericht wies den Antrag im April dennoch zurück.

Als hätte Polanski nicht ohnehin genug Probleme, wurde im Mai ein weiterer Missbrauchsvorwurf laut. Die britische Schauspielerin Charlotte Lewis gab an, Polanski habe auch sie Anfang der 1980er-Jahre im Alter von 16 Jahren missbraucht. Polanskis Anwalt nannte die Anschuldigungen eine „reine Lüge“ und warf die Frage auf, warum Lewis sich erst jetzt, 28 Jahre nach dem Vorfall, an die Öffentlichkeit wende. Noch dazu, obwohl Lewis drei Jahre nach dem (angeblichen) Vorfall sogar noch eine kleine Rolle in dem Polanski-Film „Piraten“ gespielt hatte.

Der Fall Lewis könnte für Polanski noch brisant werden. Im Fall Geimer scheint er dagegen jetzt Ruhe zu haben. Nach der Schweizer Ablehnung des US-Auslieferungsantrags ist dieses Kapitel für ihn jedenfalls einmal abgeschlossen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Vorwürfe gegen Polanski

Der Regisseur und die Mädchen

Samantha Geimer
Salon

Polanski-Opfer begrüßt Freilassung

Samantha Geimer war 13 Jahre alt als sie von dem Filmemacher Roman Polanski missbraucht wurde. Jetzt hofft sie, dass die Akte endlich und für immer geschlossen werde.
Samantha Geimer
Salon

"Genug ist genug": Polanski-Opfer will Schlussstrich

"Diese Angelegenheit hätte schon vor 33 Jahren beigelegt werden sollen", sagt Samantha Geimer, die 1977 als 13-Jährige von Polanski missbraucht wurde. Sie sieht durch den Medienrummel ihre Gesundheit belastet.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.