Arbeitsmarkt

550.000 Arbeitslose und Kurzarbeit für 1,3 Millionen Jobs

Wirtschaftsminsterin Margarete Schramböck (li) und Arbeitsministerin Christine Aschacher
Wirtschaftsminsterin Margarete Schramböck (li) und Arbeitsministerin Christine AschacherAPA/HANS PUNZ
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Die Zahl der Arbeitlosen in Österreich ist weiter leicht rückläufig, Kurzarbeit legt leicht zu und ist mit 9,5 Milliarden Euro budgetiert. Erst ein Bruchteil davon wurde bereits ausbezahlt.

Arbeitsminsterin Christine Aschbacher (ÖVP) sprach am Dienstag erneut von einer leichten Abflachung der Arbeitslosenkurve. Aktuell sind 503.494 Menschen beim Arbeitsmarktservice arbeitslos gemeldet, inklusive der 46.168 Schulungsteilnehmern haben 549.662 Menschen keinen Job. Das sind zwar um rund 198.000 mehr als vor einem Jahr, aber bereits um gut 10.000 weniger als Ende April und um 39.000 weniger als Mitte April, dem Höhepunkt der Arbeitslosigkeit. „Wir sehen uns am richtigen Weg“, sagte Aschbacher mit Verweis auf die EU-Arbeitsmarktprognose für 2020, die Österreich mit einer Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent an drittbester Stelle sieht.

Am meisten von der Coronakrise betroffen ist weiterhin der Tourismus mit 112.000 Arbeitslosen. Im Handel gibt es es rund 67.500 Arbeitslose, deutlich rückläufig sind die Arbeitslosenzahlen in der Baubranche. Aktuell gibt es rund 31.000 Arbeitslose gegenüber 56.000 Ende März. Ab 15. Mai bietet das Arbeitsmarktservice   wieder Schulungen an. Zur Zumutbarkeit von Stellen arbeitet das Arbeitsministerium an einer neuen Verordnung. Derzeit gibt es wegen Covid-19 für Arbeitslose in Österreich, die eine Stelle nicht annehmen, keine Sanktionen.

Die Corona-Kurzarbeit sichert derzeit rund 1,3 Millionen Arbeitsplätze ab, rund 1,25 Millionen waren es Ende April. 109.286 Anträge von Unternehmen sind in Bearbeitung. 9,5 Milliarden Euro wären dafür erforderlich. Bereits ausbezahlt wurden allerdings erst 127 Millionen Euro.

Bei der Kurzarbeit, die Kündigungen vermeiden soll, steht laut Medienberichten einen Verlängerung im Raum. "Es gibt Gespräche, wie es mit der Kurzarbeit weitergeht", sagte der Sprecher von Arbeitsministerin Aschbacher am Dienstag auf APA-Anfrage. Eingebunden seien die Sozialpartner, die Bundesländer sowie Wirtschaftsforscher. Eine Entscheidung gebe es noch nicht.

Derzeit kann die Corona-Kurzarbeit für drei Monate beantragt werden und einmalig um drei Monate verlängert werden. In den "Salzburger Nachrichten" (Dienstagsausgabe) wird ein Arbeitnehmervertreter folgendermaßen zitiert: "Alle gehen davon aus, dass es nach sechs Monaten weitergehen muss." Die Frage sei nur, mit welchem Kurzarbeitsmodell, für welche Branchen und bis wann. "Österreich" berichtete unter Berufung auf Sozialpartnerkreise, eine Verlängerung bis Jahresende sei mehr als wahrscheinlich.

Die Opposition fordert geschlossen eine Verlängerung der Kurzarbeit. Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer schloss eine Ausdehnung der Maßnahme am Sonntag in der ORF-Diskussionssendung "Im Zentrum" nicht aus. "Vorstellen kann man sich vieles", so Maurer. 

Ministerin Aschbacher versuche die Kurzarbeit als Erfolg zu verkaufen, obwohl ihre eigenen Zahlen das glatte Gegenteil zeigen, sagt Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker: „Gerade einmal 36.000 Firmen haben erste Zahlungen erhalten. Wenn bisher 127 Millionen ausgezahlt sind, sind das 3500 Euro pro Unternehmen. Sehr viele Arbeitsplätze wurde da nicht gerettet. Dazu kommen noch all jene Unternehmen – und die sind die Mehrheit -, die noch überhaupt keinen Cent gesehen haben, obwohl ihre Anträge bewilligt wurden. Und 100.000 Anträge sind überhaupt erst in Bearbeitung. Das ist doch kein Erfolg, das ist ein Rezept für ein sicheres Desaster.“

Die Unternehmen bräuchten dieses Geld viel schneller, weil sie die Löhne und Gehälter vorstrecken müssen, während sie kaum Umsatz haben. Loacker: „Die Abrechnungen müssen einfacher werden und die Gelder viel schneller ausbezahlt. Es stimmt nämlich schlicht und einfach nicht, dass die Unternehmen die Auszahlungen nur wenige Tage nach der Abrechnung erhalten – wie Aschbacher heute ja selbst gezeigt hat.“

Wirtschaftsministerin Schramböck (ÖVP) will Europa im Vergleich zu USA und China wettbewerbsfähiger machen und damit mehr Jobs schaffen. Änderungen im EU-Wettbewerbs- und -Beihilfenrecht seien notwendig. "Es braucht ein neues Wettbewerbsrecht", sagte Schramböck am Dienstag. Man habe bereits "konkrete Vorschläge" an EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager geschickt.

Kurzarbeit europaweit etabliert

Das Instrument der Kurzarbeit hat sich in vielen Staaten Europas als Alternative zu Kündigungen etabliert. In der Coronakrise wurden für rund 50 Millionen Beschäftigte in der EU und der Schweiz Anträge gestellt, wie die gewerkschaftliche deutsche Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag in einer Studie beschrieb.

Mit 10,1 Millionen Beschäftigten liegt Deutschland bei den absoluten Zahlen auf Platz zwei hinter Frankreich mit 11,3 Millionen Kurzarbeitern. Danach folgen mit Stand Ende April/Anfang Mai Italien mit 8,3 Millionen, Großbritannien mit 6,3 Millionen, Spanien mit 4,0 Millionen, die Schweiz mit 1,9 Millionen und die Niederlande mit 1,7 Millionen Beschäftigungsverhältnissen. 

Gemessen an der Beschäftigtenzahl wird Kurzarbeit aber am häufigsten in der Schweiz genutzt: Hier arbeiten 48,1 Prozent aller Beschäftigten kurz. Ähnlich hoch sind die Anteile in Frankreich und Italien. Auf dem deutschen Arbeitsmarkt beträgt der Anteil der Kurzarbeiter 26,9 Prozent und entspricht damit ziemlich genau dem Schnitt in der Europäischen Union. So gut wie keine Kurzarbeit gibt es hingegen in Polen und der Slowakei.

Die Lohnsubvention für den konjunkturellen Krisenfall ist in den Staaten sehr unterschiedlich ausgestaltet. Die maximale Bezugsdauer reicht von zwei Wochen in Rumänien bis zu 13 Monaten in Finnland. In Polen erhalten die Beschäftigten die Hälfte ihres ausgefallenen Entgelts, während in den Niederlanden bis zu 100 Prozent ausgeglichen werden. Die Forscher des Böckler-Instituts empfehlen mindestens 80 Prozent, eine starke Beteiligung der Arbeitnehmer an der Planung und einen Kündigungsschutz über die Zeit der Kurzarbeit hinaus.

(APA/Red)

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