Trotz wochenlangem Lockdown steht das Land auf Platz zwei der weltweiten Covid-19-Statistik. Wie ist das möglich? Ein Rundgang durch Moskau zeigt: Jeder hier hat seinen eigenen Begriff von Selbstschutz. Und der Staat schaut weg.
Ein Kind baut eine Sandburg, ein anderes düst mit dem Roller an den Spaziergängern in der Fußgängerzone vorbei. Und auf einer Parkbank, das Gesicht in die Sonne gestreckt, sitzt Alexandra. Die 27-Jährige in Shorts und sandfarbenem Top liest die Geschichtensammlung „Ananaswasser für die schöne Dame“ des bekannten russischen Autors Viktor Pelewin.
„Selbstisolation ist nicht so schlimm“, sagt sie lachend. Sie ist nicht die einzige, die so denkt. Wohin man auch schaut: Die Höfe zwischen den Wohnanlagen und die kleinen Parks im Viertel um die U-Bahn-Station Krasnopresnenskaja sind voller Menschen. Es ist ein warmer Maitag in Moskau. Es ist der Tag mit einer neuen Rekordzahl an Covid-19-Infektionen.