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Wie Corona die Statistiker herausfordert

Datenerhebung im Supermarkt.
Datenerhebung im Supermarkt.APA/HELMUT FOHRINGER
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Am Mittwoch werden die Zahlen zur April-Inflation veröffentlicht. Doch viele Preise konnten nicht wie bisher ermittelt werden, weil Geschäfte geschlossen waren. Die Statistiker wussten sich jedoch anders zu helfen.

In den vergangenen Wochen stellte das Coronavirus nicht nur das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben auf den Kopf. Es forderte auch die Statistiker heraus. Vor allem jene, die für die Berechnung der Verbraucherpreise zuständig sind – denn viele Geschäfte waren zum Erhebungszeitpunkt geschlossen. Dennoch wird die Behörde am Mittwoch akkurate Inflationsdaten für April präsentieren können. Man wusste sich nämlich anders zu helfen.

Die Statistik Austria sammelt die Preise monatlich jeweils zwischen dem 6. und dem 12. Tag eines Monats, stets muss der Mittwoch einer Woche in den Erhebungszeitraum fallen. Anfang April befand sich das Land allerdings im Lockdown. Deshalb griff die Behörde auf die sogenannte Imputation der Daten zurück. Darunter versteht man die Anwendung statistischer Verfahren, mit denen fehlende Daten vervollständigt werden können.

Bei Museumseintritten beispielsweise, bei denen die Statistiker davon ausgehen, normalerweise keine Preisänderungen zwischen den Monaten März und April zu sehen, wurden die Preise einfach fortgeschrieben. Bei vollkommen weggefallenen Positionen mit stark saisonalen Mustern, zum Beispiel bei Pauschalreisen, arbeitete man mit den saisonalen Mustern des Vorjahres. „Die nicht konsumierbaren Produkte sollen keinen verzerrenden Einfluss auf die Inflationsrate haben“, sagt Ingolf Böttcher, der bei der Statistik Austria für die Preisstatistik verantwortlich ist.

Auf Scannerdaten zurückgegriffen

Bei der Erhebung von Lebensmittelpreisen und alkoholfreien Getränken, die immerhin rund elf Prozent der Gewichtung im Warenkorb ausmachen, griff die Statistik auf die Preisdaten an der Supermarktkasse zurück. Normalerweise werden diese Daten vor Ort in den Geschäften erhoben. Die Verwendung der sogenannten Scannerdaten ist seit einer Verordnung im Dezember 2019 möglich, wurde nun aber aufgrund der Situation im April vorgezogen. Der offizielle Start wäre für Jänner 2022 angepeilt gewesen, daran wird sich trotz Coronakrise nichts ändern. Im April waren die Statistiker bei rund einem Viertel des Warenkorbs dazu gezwungen, ihre sonst üblichen Erhebungsmethoden anzupassen.

Die Behörde agierte dabei aber nicht im Dunkeln. Sie orientierte sich für die Erhebung des Verbraucherpreisindex an Leitlinien, die von Eurostat veröffentlicht wurden. Die Verbraucherpreise werden in jedem EU-Land nach den gleichen Regeln berechnet, um die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten. Sie ist die Basis für Entscheidungen der EZB, deren Aufgabe es ist, die Inflationsrate im Zaum zu halten.

Firmen hatten andere Sorgen

Doch auch an anderer Stelle war die Statistik mit Herausforderungen konfrontiert. Sie erhebt nämlich auch zahlreiche Unternehmensdaten, um die aktuelle wirtschaftliche Lage einschätzen zu können. Vor allem in den letzten beiden Märzwochen aber stellte nicht nur die Behörde, sondern auch zahlreiche Firmen auf Home-Office um. Das führte teils zu einer eingeschränkten Erreichbarkeit auf beiden Seiten, heißt es seitens der Statistik. Viel gravierender aber: Die Unternehmen hatten in dieser Zeit anderes zu tun, als die Fragen der Datensammler zu beantworten. Sie mussten teils um ihr Überleben kämpfen.
In den ersten Krisenwochen sank deshalb die Rücklaufquote bei der Dateneinholung, sie bewegte sich aber weiterhin auf hohem Niveau. Bei der Konjunkturstatistik zum produzierenden Bereich erhielt man trotz Krise eine Rückmeldung von 90 Prozent der Unternehmen, statt wie sonst von 98 Prozent. Inzwischen nähert sich die Rücklaufquote wieder dem Vorkrisenniveau an. Während der Corona-Hochphase appellierte die Behörde an die Betriebe, Daten weiterhin zu übermitteln, die Meldungen seien „wichtiger denn je“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2020)

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