Im dritten Anlauf hat es doch noch mit einem neuen Kollektivvertrag geklappt. Stimmen die Mitarbeiter zu, bleibt die Basis in Wien erhalten.
Eigentlich war das Schicksal von Laudamotion bereits besiegelt: Nachdem vergangenen Freitag keine Lösung im Streit um einen neuen Kollektivvertrag zwischen der Gewerkschaft Vida und dem zur irischen Billigfluglinie Ryanair gehörenden Unternehmen gefunden wurde und das bereits zweite Ultimatum aus Dublin abgelaufen war, standen die Zeichen auf Schließung der Basis in Wien mit ihren mehr als 500 Mitarbeitern. Zwar erklärten beide Parteien, dass sie die Jobs unbedingt erhalten wollen, es ihnen die Gegenseite aber unmöglich mache.
Demonstration für Arbeitsplatz
Über das Wochenende kam dann aber doch nochmal Bewegung in die Sache. Nicht zuletzt aufgrund des öffentlichen Drucks der Belegschaft, die am Dienstag neuerlich für ihre Arbeitsplätze auf die Straße gingen und vielfach auch ihr Unverständnis an der Haltung der Gewerkschaft äußerten. Laut einem offenen Brief hätte die Mehrheit der Mitarbeiter bereits den in der Vorwoche vorgelegten Kollektivvertrag akzeptiert.
Am Mittwochabend trafen Vertreter von Wirtschaftskammer und Gewerkschaft dann für einen letzten Versuch noch einmal zusammen – und nach mehrstündigen Verhandlungen gelang es in der Nacht auf Donnerstag schließlich, sich auf einen gemeinsamen Nenner zu einigen. „Wir sind jetzt nicht in Jubelstimmung, schließlich ist es eine Krisenvereinbarung, die auch bis 2023 befristet ist“, sagt Vida-Chef Roman Hebenstreit zur „Presse“. Wichtig sei jedoch, dass man einen Weg gefunden habe, die Jobs in Wien zu erhalten.
Der konkrete Hauptstreitpunkt – das Mindestgehalt für Flugbegleiter – soll nun folgendermaßen gelöst werden: Zwar gilt laut dem neuen Kollektivvertrag weiterhin ein Basisgehalt von 1000 Euro im Monat, das erst durch die Flugzulagen auf das von Laudamotion genannte Durchschnittsgehalt von 25.000 Euro pro Jahr anwächst. Allerdings ist nun ein Passus enthalten, wonach das Unternehmen jedem Mitarbeiter ein monatliches Mindestgehalt von 1440 Euro brutto garantiert. Wer in einem Monat trotz Flugzulagen zu wenig verdient, erhält einen entsprechenden Ausgleich. Dafür ist in diesem Mindestgehalt ein Teil der Zulagen bereits enthalten – das Gehalt steigt somit erst ab einer gewissen Zahl an geflogenen Stunden darüber hinaus an.
Gegenüber dem ursprünglichen Angebot von Laudamotion ergebe sich so dennoch ein Plus von 44 Prozent beim Mindestgehalt, zeigt man sich bei Vida erfreut. Und auch bei Laudamotion war die erste Reaktion positiv. Damit die Schließung der Basis wirklich abgewendet wird, muss der adaptierte Kollektivvertrag noch von allen Parteien unterzeichnet werden. Hierbei sollten laut Übereinkunft von Vida und Wirtschaftskammer auch allfällige gesetzwidrige Klauseln gestrichen werden. Ob sich hieraus noch ein Stolperstein ergeben kann, war am Donnerstagnachmittag noch nicht klar.
Umschichtung bei Piloten
Und auch die Laudamotion-Mitarbeiter müssen dem neuen Kollektivvertrag noch zustimmen, heißt es in einem internen Rundmail der Laudamotion-Geschäftsführung, das der „Presse“ vorliegt. Grund dafür ist eine zweite Änderung, auf die sich Gewerkschaft und Wirtschaftskammer geeinigt haben (die endgültige Einigung erfolgte ohne vorherige Abstimmung mit Ryanair). Demnach werden den Kapitänen die monatlichen Gehälter um 300 Euro gekürzt, jene der Co-Piloten dafür um 300 Euro erhöht. Das war ein Wunsch der Gewerkschaft, weil viele junge Piloten noch hohe Kredite für ihre Ausbildung laufen haben.
Für die Gewerkschaft ist das Thema Luftfahrt damit jedoch noch nicht abgehakt. Die jüngsten Ereignisse hätten einmal mehr bewiesen, dass es einen Branchen-Kollektivvertrag brauche, so Hebenstreit. Und auch für einen Mindestpreis bei den Flugtickets wolle man sich einsetzen, um den „Wettbewerb auf dem Rücken der Mitarbeiter“ zu beenden. Den gleichen Vorschlag artikulierte am Donnerstag auch Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2020)