Gartenkralle

Die Wildnis kann zierlich sein

Glockenblumen sind Vagabunden.
Glockenblumen sind Vagabunden.(c) Die Presse
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Glockenblumen sind Vagabunden, sie wachsen, wo es ihnen gefällt, und die Wilden unter ihnen sind mindestens so schön wie hochgezüchtete Varianten.

Neulich fragte jemand, ob die wild in seinem Garten aufgegangenen Glockenblumen nicht eigentlich ein „Unkraut“ seien. Offenbar waren die blauen Blumen von der Wiese nebenan über Samen eingewandert, und die Eindringlinge waren erst bemerkt worden, als sie jetzt im Juni aufblühten. Freuet euch, lautet die Antwort, denn was Unkraut ist und was nicht, bestimmt nicht die Wissenschaft, sondern der Gärtner. Überhaupt ist der Begriff Unkraut ein fragwürdiger, und im Fall der Glockenblumen betritt man ein weites und interessantes Feld. Denn die Lehre von der Gattung Campanulaceae hat sich als lückenhaft erwiesen, und, wie Studien zeigten, sind viele als Glockenblumen titulierte Pflanzen nicht verwandt. Sie ähneln einander nur auf erstaunliche Weise.

Die Glockenformen der Blüten haben sich im Laufe der Evolution unabhängig voneinander entwickelt, da sie sich offenbar als zweckmäßig für diverse Bestäuberinsekten erwiesen. Die schönen Glocken sind meist blau, mitunter weiß, manchmal auch rosa gefärbt und in jedem Fall ein reizender Anblick. Ohne jemals eine einzige Glockenblume gepflanzt zu haben, hat sich beispielsweise in meinem Garten im Laufe der Jahre eine Glockenblumenvielfalt eingestellt, die vor allem darauf zurückzuführen ist, dass Abgeblühtes mit Absicht nicht gleich abgeschnitten wird. Die Samen dürfen ausreifen und ausfallen, manchmal werden sie auch eingesammelt und in noch nicht von Glockenblumen umspielten Zonen ausgestreut – und manch Nicht-Unkraut kann mir vergleichsweise gestohlen bleiben.

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