Vorstoß

EU plant nun Alleingang bei Digitalsteuer

Die USA haben sich aus den Gesprächen zurückgezogen.

Wien. Die USA haben die Verhandlungen mit EU-Vertretern über eine geplante Digitalsteuer abgebrochen. „Wir haben keine Fortschritte erzielt“, begründete der US-Handelsbeauftragte die Entscheidung. Die USA und mehrere EU-Staaten streiten seit Monaten über die Einführung einer Digitalsteuer. Die Abgabe richtet sich vor allem gegen Konzerne aus den USA wie Google und Amazon.

Nach dem Rückzug der USA will die EU die geplante Steuer nun notfalls auf eigene Faust vorantreiben. Sollte es dieses Jahr zu keiner internationalen Vereinbarung für eine solche Abgabe kommen, sei die EU zum Alleingang bereit, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni am Donnerstag.

„Ich bedauere den Schritt der USA sehr, mit dem sie bei den internationalen Gesprächen zur Besteuerung der Digitalwirtschaft auf die Bremse getreten sind“, sagte Gentiloni. Er hoffe, dass es sich nur um einen vorübergehenden Rückschlag handelt und nicht um ein endgültiges Aus. „Die Europäische Kommission möchte eine globale Lösung, um die Unternehmensbesteuerung ins 21. Jahrhundert zu befördern.“

Vor allem Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien kritisieren, dass global tätige Internetfirmen Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagerten und so kaum Steuern zahlten. US-Finanzminister Steven Mnuchin hatte bereits im Jänner auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos mit Autozöllen gedroht, sollten nach Einschätzung der USA unfaire Digitalsteuern eingeführt werden.

Die USA sorgten mit ihrem Rückzug vor allem in Frankreich für Unmut. Finanzminister Bruno Le Maire sprach von einer Provokation: „Wir waren nur Zentimeter von einer Einigung über die Besteuerung von Digitalriesen entfernt“, sagte Le Maire dem Sender France Inter. Seine Regierung werde trotz der Einwände der USA noch heuer eine Digitalsteuer einführen. Die Regierung in Madrid erklärte, Spanien und seine europäischen Verbündeten ließen sich nicht unter Druck setzen. (APA/Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.