Den geplanten zweiwöchigen Sommerunterricht nennt der Bildungsminister „Tabubruch“ mit „sakrosankten“ Ferien. Die Teilnehmerzahlen aber zeigen: Es ist vor allem ein Minderheitenprogramm.
Sie sollten der „Verschärfung von möglichen Bildungsnachteilen entgegenwirken“ und die „Festigung der Unterrichtssprache Deutsch“ garantieren, wie Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) in einem Schreiben an die Schulleiter betonte. Die Rede ist von den neuen bundesweiten „Summer Schools“ in den letzten beiden Ferienwochen.
Von Vornherein definierte das Bildungsministerium aus diesem Grund die Zielgruppe recht eng: Sie umfasste die rund 43.000 Kinder mit Deutschförderbedarf in Österreich, das sind 3,9 Prozent aller 1,1 Millionen heimischen Schüler.
Bis vergangenen Montag konnten diese sich für den neuen Ferienunterricht anmelden, nun liegen die voraussichtlichen Teilnehmerzahlen vor: Mit Stand Dienstag werden 14.490 Kinder die Sommerschulen an den 390 Standorten besuchen, wie die aktuelle Bedarfserhebung der Bildungsdirektionen der Bundesländer zeigt, die der „Presse“ vorliegt. Das sind lediglich 1,3 Prozent aller 1,1 Millionen österreichischen Schüler. Ausreißer ist Tirol, wo 70 Prozent der Zielgruppe das Angebot annehmen dürften, sowie Kärnten mit 49 Prozent. Am wenigsten wird das Angebot im Herbst voraussichtlich im Burgenland (18 Prozent) und in Wien (25 Prozent) angenommen.
Konzept ein „Tabubruch“
Das neue Schulkonzept erscheint angesichts dieser Zahlen mehr als exklusives Minderheitenprogramm denn als bundesweites Förderangebot für alle. Der Vorwurf, die Bundesregierung würde ihre neue Sommerschule als PR-Aktion verkaufen, die nur eine winzige Zahl von Schülern tatsächlich nutzt, steht im Raum.
Diesem aber tritt das Bildungsministerium vehement entgegen: „Die Schulferien waren bisher sakrosankt“, sagt Minister Faßmann zur „Presse“. „Die Sommerschule ist deshalb ein Tabuburch, der eine gewisse Vorlaufzeit benötigt.“ Auf die Kritik, es gebe Förderbedarf schließlich nicht nur in Deutsch, sondern auch in anderen Fächern, entgegnet der Minister, die heurige Sommerschule sei ein „Pilotprojekt“ – eine Ausweitung auf andere Fächer bzw. Schüler im kommenden Jahr habe er niemals ausgeschlossen. Doch ginge nicht alles auf einmal.
Von Schulleitern kommen – trotz des augenscheinlich geringen Zuspruchs – zudem teils wohlwollende Stimmen. So habe Faßmann stets kommuniziert, dass es heuer insbesondere um die Deutschförderkinder und nicht um die Gesamtheit der Schüler gehe, wie eine Schulleiterin aus Oberösterreich zur „Presse“ sagt. Dass nun lediglich ein Drittel der Zielgruppe das Angebot tatsächlich annimmt, kommentiert die Direktorin relativierend: „Sind wir froh, dass sich diese 12.000 angemeldet haben“, die durch die geringe Anzahl in kleineren Gruppen unterrichtet und „wirklich gefördert“ werden könnten. „Dann bringt das wenigstens wirklich was.“
Wien baut auf eigenes Konzept
In der Bundeshauptstadt fällt die Reaktion auf die Anmeldezahlen differenzierter aus. Der Fokus auf die Deutschförderung habe die Zielgruppe „eingeengt“, sagt eine Sprecherin von Stadtschulrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) zur „Presse“. Auch die kurzfristige Anmeldephase und die Verpflichtung hätten den Zulauf verringert: „Das schreckt viele ab, dass man eine kurzfristige Absage dann als Schulpflichtsverletzung ahndet.“
Wien bietet mit den „Summer City Camps“ ohnedies ein Alternativkonzept, das man als „Ergänzung“, aber nicht als „Kontrastprogramm“ zur türkis-grünen Sommerschule verstanden haben will. Die ganztägige Betreuung teilt sich in drei Bereiche (Freizeit, Lernförderung und Programm für Kinder mit Behinderung) und wird bis 4. September angeboten, auch in Mathematik oder Englisch. „Wir sprechen alle Schüler an“, sagt die Sprecherin. „Denn es gibt auch anderswo Förderbedarf“.