Auf der bewirtschafteten Herrbauer-Alm gibts in einer Ausschank Jausenkörbe und kalte Platten. Der alte Troadkasten hat ungewöhnlicherweise sogar einen Kamin.
Landpartie in der Steiermark

Am Bründlweg wandern, aber nicht nur Wasser trinken

Dort, wo der Stollingerbach ins Tal rauscht und viele andere Quellen sprudeln, liegt ein kleines Paradies für Romantiker, Naturliebhaber, Wanderer und Schwammerlsucher.

Der Pogusch, sagen die Wiener und meinen das Wirtshaus Steirereck. Der „Poguasch“ sagen die Einheimischen und meinen damit den Alpenpass zwischen St. Lorenzen im Mürztal und Turnau am Fuß des Hochschwabs.

Lange bevor die internationalen Gäste per Hubschrauber direkt auf der Wiese vor dem Wirtshaus gelandet ist, war der Pogusch für die umliegenden Dorfbewohner schon sehr beliebt als besonderer Energieplatz. Damals allerdings nur wegen der unglaublich dichten Wälder mit Baumriesen wie Tannen, Fichten und Lärchen. Und dem vielen Wasser, das überall rieselt, plätschert und rauscht.

Außerdem gab es in der Jausenstation frische Buttermilch mit Brot aus dem Ofen und je nach Saison Apfelschlangel, Ribiselkuchen oder Heidelbeersterz. Heute ist das kulinarische Angebot aus lokalen Bio-Produkten kaum zu überbieten, hat sich doch die Region um den Pogusch durch den Einzug der Familie Reitbauer zu einer kleinen Tourismusdestination entwickelt – und die alten Waldquellen-Pfade zum „Bründlweg“.

Ausflug mit Sicherheitsabstand

Romantisch führt der Bründlweg hoch über dem Mürztal dahin. Hier: die Station am Pogusch.
Romantisch führt der Bründlweg hoch über dem Mürztal dahin. Hier: die Station am Pogusch.(c) Steirische Tourismus GmbH/Karl Wenzel

Nebelschwaden hängen über dem Himmelreich, dem höchsten Punkt des Rundwanderweges. Seit einer Stunde sind wir unterwegs auf gut beschilderten Waldwegen, ausgelegt mit Tannennadelteppichen, die intensiv duften, dass man die zweihundert Höhenmeter bis zur Himmelreich-Kapelle fast vergisst. Warum sie gerade hier, mitten im Wald auf 1213 Metern errichtet wurde, erzählt der Himmelreich-Bauer bei einem Lärcherl-Schnaps: „Im Jahr 1634 wurde die Gegend von der Pest heimgesucht. Auch viele Haustiere erlagen der Seuche, und so beschlossen die Bauern eine Kapelle zu errichten, um das Unheil durch göttliche Gnade abzuwenden.“
Der Legende nach erlosch die Seuche tatsächlich und die Verehrung der Kapelle erblühte. An besonderen Feiertagen nehmen sogar der Pfarrer und sein Ministrant die Steigung in Kauf, um bei der Kapelle die Messe oder auch Hochzeit und Taufe zu feiern.

Zur nächsten Runde Selbstgebranntem gibt es eine Kostprobe vom hausgeräucherten Speck, und weil die „Frau“ noch in der Küche zu tun hat, bleibt der Wirt länger als geplant bei uns sitzen. Es ist naturgemäß urgemütlich in der 500 Jahre alten Stube, gerne würden wir uns noch länger den Rücken am Kachelofen wärmen. Aber die nächsten Gäste warten schon, und auch hier im Paradies gilt der Sicherheitsabstand.

Kunst und Kultur am Wegrand

Ein Forstweg schlängelt sich durch saftige Sommerwiesen, ein anderer schraubt sich steil bergauf in den Wald. Wir entscheiden uns für den Ersteren, auch wegen des Holzschilds mit der Aufschrift „kleinstes Jagd- und Wildtiermuseum“ – ein bisschen Kultur muss sein, wenn es um Heimatkunde geht. Neben Hirschen, Rehen, Hasen und Wildschweinen fühlen sich die Fischotter in diesem wasserreichen Gebiet besonders wohl und genießen ihren Status als „Botschaftertier“ für natürliche intakt fließende Gewässer.

Beim Herrbauer verbringen die Jungrinder der Familie Fladischer vulgo Krugbauer ihre Sommerfrische auf der Alm. Im Troadkasten, dem ehemaligen Getreidespeicher, bietet uns die Wirtin den einzigen Tisch an, während sie den alten Gusseisen-Herd mit frischem Brennholz füllt. „Zum Jausnen hob i nix mehr, aber wenn's es‘ das nächste Mal kommt's, müsst's vorher einen Jausenkorb bestellen“, erklärt sie die Hausordnung. Im halboffenen Stadl nebenan kann auch größer gefeiert werden, dazu liefert die familieneigene Fleischerei unten in Turnau Spareribs und Grillwürstel. Schade, dass heute niemand von unserer Wandergruppe Geburtstag hat.

Weltkugel aus Metall

Am Rückweg über das Hochegg führt der Schotterweg entlang steiler abfallender Hänge, auf denen nach den großen Unwettern 2018 über fünfzig Hektar Wald zerstört wurden. Riesige entwurzelte Stämme sind Zeugen der Naturkatastrophe, die den Bauern des Bründlwegs immer noch in den Knochen sitzt. Schon wenige Minuten später aber lenkt der überraschend freie Ausblick auf das Mürztal unsere Aufmerksamkeit auf das sonnige Hier und Jetzt. Die Einheimischen in der Gruppe erkennen sogar die Burg Oberkapfenberg im Süden.

Im August soll an einem der Aussichtspunkte am Waldrand eine überdimensionale bewegliche Weltkugel aus Metall feierlich installiert werden, verrät Dismas Sachen, der Künstler. „Als ein Symbol der Internationalität der Gäste am Bründlweg und in der Region Pogusch“, fügt er mit ein bisschen Stolz auf seine Heimat hinzu. Ganz zu Recht, denn auch der legendäre Stier am Red Bull-Ring stammt aus Sachans Schlosserei in St. Lorenzen.

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