Wien

Appell der Traditionsbetriebe

Clemens Fabry
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Eine Initiative will alteingesessene Geschäfte wieder ins Bewusstsein der Wiener rücken. Denn dort sei das regionale und nachhaltige Produzieren, das immer gefragter wird, seit jeher Usus.

Eine Wiener Innenstadt ohne die feinen Geschäfte, die oft schon Jahrhunderte miterlebt haben, kann man sich kaum vorstellen. Die alteingesessenen Betriebe kämpfen aber oft mit der billigeren Konkurrenz und einer gewissen Scheu, gerade bei jüngeren Generationen.

In der Schottengasse, im Trachtengeschäft Tostmann, versammelte sich am Mittwoch deshalb eine neu gegründete Initiative. Sieben Traditionsbetriebe, allesamt Familienunternehmen, haben sich unter dem Motto „Zurück in die Zukunft“ zusammengeschlossen. Die Bedeutung der Traditiongeschäfte soll dadurch wieder stärker in den Fokus gerückt werden – vor allem nach den Einbußen durch den Lockdown.

„Wir machen ja schon längst das, was nun von der Wirtschaft und Gesellschaft gefordert wird“, sagt Marie-Theres Arnbom, Sprecherin der Initiative. „Nämlich regionales und nachhaltiges Produzieren.“ Diese Qualität sei auch ihren Preis wert.

Regionalität und Handwerk

In der Krise habe sich außerdem gezeigt, wie wichtig nach wie vor Handwerkskunst sei. „Wir haben um die 30.000 Masken für den medizinischen Bereich genäht“, erzählt etwa Anna Tostmann-Grosser vom Trachtengeschäft Tostmann. So hätten Arbeiten wie das Schneidern, die gesellschaftlich kaum Wertschätzung erhalten, wieder Anerkennung bekommen.

Auch der Aspekt der Regionalität werde derzeit besonders wichtig. „Es hat in der Krise gefehlt, regional produzieren zu können“, sagt Theodor Vanicek von der Schwäbischen Jungfrau, die Tisch-, Bett- und Frotteewäsche anbietet.

Teil der Initiative sind weitere Betriebe aus dem ersten Bezirk: Der Juwelier A. E. Köchert, das Stoffgeschäft Wilhelm Jungmann & Neffe, die Glasmanufaktur Lobmeyr und der Hemdenmacher Venturini. Auch ein Geschäft aus dem siebenten Bezirk hat sich angeschlossen: die Silbermanufaktur Jarosinski & Vaugoin.

Derzeit sei die Initiative ein loses Netzwerk, man überlege aber, sich demnächst zu einer größeren Plattform zusammenzuschließen.

„Auch wir können sterben“

Viele würden die traditionsreichen Geschäfte in der Innenstadt als fixe Institutionen sehen. „Auch wir können sterben“, sagt Andreas Rath von Lobmeyr. „Wir können uns aber ebenso wunderbar weiterentwickeln.“

Auch die traditionellen Betriebe setzen in der Krise vermehrt auf soziale Medien und Webshops. Einbußen durch den Lockdown gibt es aber nach wie vor. „Wir spüren vor allem das Home Office, weil dadurch weniger Leute in der Stadt unterwegs sind“, so Arnbom, deren Ehemann Georg Gaugusch das Stoffgeschäft Wilhelm Jungmann & Neffe betreibt. „Unser neuer Webshop hat uns durch die Krise gerettet.“

Die ersten Bestellungen seien aber nicht aus Wien, sondern vor allem aus den USA, Deutschland und Italien gekommen. Wiener Stammgäste würden zwar weiterhin ins Geschäft kommen, aber es fehle nach wie vor an internationalen Kunden.

„Traditionsgeschäfte sind Träger der österreichischen und Wiener Kultur“, betont Arnbom. Deshalb kooperieren die Betriebe mit Wien Tourismus. Die internationale Präsenz soll so gestärkt werden, auch wenn dies heuer wohl schwieriger wird als zuvor.

Vor allem will Wien Tourismus auf digitale Konzepte setzen. Und auf die erweiterte Vienna City Card, die ab August auch spezielle Angebote bei den Traditionsbetrieben bieten soll.

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