Coronavirus

Warum Südafrika in der Coronakrise auf ein Alkoholverbot setzt

Ein Bild vom 1. Juni - als die Südafrikaner erstmals wieder Alkohol einkaufen durften seit dem ersten Lockdown. Nun gibt es erneut ein Akoholverbot.
Ein Bild vom 1. Juni - als die Südafrikaner erstmals wieder Alkohol einkaufen durften seit dem ersten Lockdown. Nun gibt es erneut ein Akoholverbot.APA/AFP/PHILL MAGAKOE
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Tabak ist schon seit Monaten verboten in Südafrika. Nun soll mitten in der Coronakrise auch Alkohol erneut verbannt werden. Das sorgt für Ärger bei der Bevölkerung aber für Hoffnung auf Entlastung im Gesundheitssystem.

Kein Bier, kein Wein, kein Schnaps - kein Alkohol darf derzeit in Südafrika ausgeschenkt werden. Das Land mit fast 60 Millionen Einwohnern setzt im Kampf gegen das Coronavirus erneut auf nüchterne Bürger. Was Bevölkerung und Gastwirte verärgert, lässt das Gesundheitssystem aber hoffen. Mit dem Verbot könnten in den Spitälern die nötigen Kapazitäten geschafft werden, meinen Regieurng und Experten.

Präsident Cyril Ramaphosa verkündete die schlechten Neuigkeiten für seine Landsleute am Sonntag. Schon von März bis Juni galt ein Alkoholverbot im Land. Doch es sei erneut notwendig, Druck vom Gesundheitssystem zu nehmen, appellierte Ramaphosa an die Vernunft der Südafrikaner.

Das Land verzeichnet derzeit etwa 12.000 neue Coronavirus-Infektionen pro Tag, die viertgrößte Zuwachsrate weltweit. Auch die Opferzahlen steigen wieder - gleich um ein Viertel in der letzten Woche auf über 4000.

Gastronomie und Industrie auf den Barrikaden

Die Ankündigung des Präsidenten löste bei vielen Menschen auf Sozialen Netzwerken vor allem Ärger aus, dem sie mit dem Hashtag #AlcoholHasFallen Luft machten. Viele Twitter-User kündigten frustriert an, von nun an eigenes Bier brauen zu wollen oder Alkohol auf dem Schwarzmarkt zu besorgen.

Bar-Mitarbeiter und Getränkeshop-Besitzer sorgen sich unterdessen um ihr Einkommen. „Für Menschen wie uns, den Barkeepern, was können wir für uns zum Überleben tun? Das ist alles, was ich wissen will“, sagt etwa Karabo Lebelo, ein Bewohner des Johannesburger Stadtteils Soweto, der Nachrichtenagentur Reuters.

Auch die Getärnkeindustrie ist über den neuen Alkoholbann verärgert. Eine Interessensvertretung mahnt die Regierung, damit viele Arbeitsplätze zu gefährden. Es sei besser, leidiglich problematisches Trinken gezielt zu unterbinden.

Gewalt unter Alkohol-Einfluss

Doch in die Kritik von Konsumenten, Produzenten, Verkäufern und Gastronomie mischt sich auch Unterstützung für das Alkoholverbot der südafrikanischen Regierung. Vor allem Experten des Gesundheitssystems sehen darin etwas Gutes. Tausende Covid-19-Patienten könnten so überhaupt erst behandelt werden.

Eine Berechnung der South Africa's Research Councils (MRC) zeigt, dass die Maßnahme, wenn sie acht Wochen in Kraft ist, die Behandlung von 17.759 Covid-Patienten in Krankenstationen ermöglicht oder 12.950 Intensivbetten verfügbar macht. Denn ohne Alkohol gebe es auch viel weniger Einlieferungen wegen Verletzungen, erklärt MRC-Direktor Charles Parry. Gesundheistminister Zweli Mkhize argumentiert, man wolle eine Situation vermeiden, bei der ein Covid-19-Patient ins Krankenhaus kommt und wegen dem Alkohol geschuldeter Verletzungen kein freies Bett vorfinde.

Ein Appell an die Bevölkerung, auf übermäßigen Alkoholgenuss zu verzichten, reiche offenbar nicht aus, meint auch Ministerin Nkosazana Dlamini-Zuma. Trinkern könne auch nicht vertraut werden, Abstand zu anderen einzuhalten. Außerdem seien viele Gewaltakte durch Alkohol ausgelöst.

Der Geduldsfaden der Südafrikaner ist jedenfalls dünn. Viele von ihnen verzichten schon seit Ende März auf jegliche Tabakware - über drei Monate bereits. Denn seit damals gilt ein Verbot für den Verkauf von Zigaretten, Zigarren und Co - ebenfalls mit dem Argument, das Gesundheitssystem entlasten zu wollen. Auch hier hat der Schwarzmarkt eine wichtige Rolle übernommen - und viele Südafrikaner experimentieren mit heiklen Ersatzpflanzen als Räucherware. Was sicher nicht im Sinne des Gesundheitssystems sein kann.

(Reuters/klepa)

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