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Kogler kritisiert Brüsseler „Rabattbazar"

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Vizekanzler Werner Kogler und Umweltministerin Leonore Gewessler sehen den EU-Deal prinzipiell positiv. Die Kürzungen der Mittel für Klimainvestitionen und Energieumbau seien aber falsch.

Wer Kritik der Grünen am EU-Deal sucht, muss schon genauer hinhören. Am schärfsten formulierte auf Twitter der Vorarlberger Grünen-Landrat Johannes Rauch: „Auf diesen ,Rabatt‘ mag ich nicht stolz sein, weder als Europäer noch als Österreicher." Auf Nachfrage wollte Rauch das aber lieber doch nicht näher ausführen.

Denn offiziell bewerten die Grünen das Verhandlungsergebnis, das der Koalitionspartner nach Hause gebracht hat, positiv. In einem Statement, das der „Presse" vorliegt, bezeichnet der Vizekanzler und Grünen-Chef es als „historischen Schritt", dass die Kommission für die Corona-Hilfsprogramme nun selbst Geld aufnehme. Auch sei ein zentraler Verhandlungspunkt für die Grünen erfüllt worden, nämlich dass es mehr direkte Zuschüsse als Kredite gebe.

Dass es einiges gibt, was gerade den Grünen wehtun muss, räumt er aber ein: Etwa die „falschen Kürzungen" bei den Klimainvestitionen und beim Umbau der Energieversorgung: Höhere Mittel „wären mir lieber gewesen als das eine oder andere Prozent am Rabattbazar", sagt Kogler. Und er glaubt, „dass wir als Grüne in manchen Bereichen wohl mutiger und auch europäischer gewesen wären". Als wer? Die ÖVP?

Nicht zufrieden ist Kogler auch mit dem Kompromiss beim Rechtsstaatlichkeitsmechanismus. Hier hoffe er auf „Nachschärfungen" im EU-Parlament.

EU-Geld für Klima verwenden

Grundsätzlich „erfreulich" sieht auch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) den Kompromiss: „Erstmalig sind 30 Prozent der Gesamtmittel für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen – und es wurde beschlossen, dass das gesamte Budget auf die Pariser Klimaziele ausgerichtet ist." In Österreich werde man dafür sorgen, „diese Klimaziele mit konkreten Maßnahmen auszugestalten und umzusetzen. Die europäischen Mittel werden wir in den nächsten Jahren als zentrales Klimainvestitionsinstrument einsetzen." Aber auch ihr Nachsatz lautet: „Gerade in den Bereichen Forschung und Klimaschutz hätten die Investitionen noch deutlich ambitionierter ausfallen müssen."

Verpasste Chance für „Neustart"

Schwer enttäuscht zeigen sich dagegen die Klimaschutzaktivisten von Fridays for Future Österreich: „Meine Generation und alle kommenden müssen später für das Desaster bezahlen, das heutige europäische Regierungschefs mitverursachen", so Sprecherin Veronika Winter. Harsch auch die Reaktionen der Umweltorganisationen Greenpeace und WWF. „Die visionslose Kurzsichtigkeit von Sebastian Kurz hat sich in Brüssel durchgesetzt – auf Kosten der Gesundheit, der Wissenschaft und der Zukunft unserer Kinder", sagt Greenpeace-Klimaexperte Adam Pawloff. WWF Österreich kritisierte das Gipfelergebnis als „verpasste Chance für einen klima- und naturverträglichen Neustart nach der Coronakrise".

(uw/APA)

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