Film über Georg Trakl: Tragische Geschwisterliebe

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In Wien wird die inzestuöse Liebesgeschichte zwischen dem expressionistischen Dichter Georg Trakl und seiner Schwester verfilmt. Zwölf Jahre geisterte das Projekt bereits durch die österreichische und deutsche Filmszene.

Er wurde 1887 als Sohn eines Eisenhändlers in Salzburg geboren. Noch während seines Pharmaziestudiums begann er, Gedichte zu schreiben. Er schrieb über Schwermut, Trauer, Tod und Sehnsucht und setzte seinem Leben früh, 1914 in einem Krakauer Lazarett, mit einer Überdosis Kokain ein Ende.

Nun, knapp hundert Jahre später, wird das Leben Georg Trakls, eines der bedeutendsten Vertreter des österreichischen Expressionismus, verfilmt. Genauer gesagt, ein besonders heikler Aspekt seines extremen Lebens: die Liebe Trakls zu seiner um viereinhalb Jahre jüngeren Schwester Grete.

Zwölf Jahre geisterte das Projekt bereits durch die österreichische und deutsche Filmszene, seit vier Jahren hat es Produzent Arno Ortmair in der Hand. Er hat den Blickwinkel des Drehbuchs von Ursula Mauder geändert, die Geschichte noch radikaler, moderner gemacht, noch mehr „von innen heraus“. Und er hat die richtigen Schauspieler für das Projekt (Arbeitstitel: „Für immer und ewig“) zusammengebracht.


Trakl wird vom 34-jährigen Deutschen Lars Eidinger verkörpert. Der Berliner brillierte zuletzt mit Birgit Minichmayr in „Alle Anderen“; mit Christoph Stark, dem Regisseur des Trakl-Films, hat er einen „Polizeiruf 110“ gedreht. Ganz anders die Besetzung Trakls Schwester Grete: Sie wird von der 24-jährigen Peri Baumeister gespielt. Die ist blutige Anfängerin, es ist ihr erster Film, es war sogar ihr erstes Casting, selbst der Filmworkshop in ihrem Theaterstudium in München „kommt erst im nächsten Jahr“. Das Talent scheint hier in der Familie zu liegen: Peris Schwester ist die gebürtige Salzburgerin Muriel Baumeister. Auch sie stand schon früh, mit 16, vor der Kamera, ihr Durchbruch folgte mit „Der Landarzt“, 2005 war sie „Eine Prinzessin zum Verlieben“.


Als Peri Baumeister das Drehbuch zum ersten Mal las, erzählt sie, liefen ihr die Tränen übers Gesicht. Und jetzt, da bereits gedreht wird, ist sie immer noch fassungslos über diese Geschichte einer extremen, nicht funktionierenden Liebe, über das, was passiert, wenn man sich in den falschen Menschen verliebt.

Wirklich belegt ist die inzestuöse Beziehung zwischen den beiden Geschwistern nicht; aber die Schauspieler sind sich einig: Die Gedichte legen den Verdacht zumindest sehr nahe, und darauf baut die Geschichte auf. „Ich glaube, es war so“, meint Baumeister. „Schon weil die Mutter alle Briefe verbrannt hat.“ Und auch Trakl-Darsteller Eidinger ist, nach Lektüre der Gedichte, überzeugt: „Eindeutiger geht's gar nicht.“

Gedreht wurde an Wiener (Original-)Schauplätzen, an der Akademie der bildenden Künste, in Laxenburg, in der Domgasse, im Französischen Kulturinstitut. Nur für die Studioaufnahmen übersiedelte die Crew nach Luxemburg. Auch viele Österreicher arbeiten mit, Trakls Mutter etwa spielt Burgtheater-Schauspielerin und „Polly Adler“ Petra Morzé. Auch der Akkordeonspieler Otto Lechner taucht auf.

„Georg Trakl“ Lars Eidinger ist glücklich, eine so dramatische Figur spielen zu dürfen. „Sonst ist bei einer Filmfigur mal das Konto leer oder die Freundin weg.“ Trakl hingegen: „Ein Mensch, der mit fünf den ersten Selbstmordversuch unternommen hat. Immer auf Drogen, konstant in Alarmbereitschaft, ein Freak, ein Bohemien, dem es gefallen hat, zynisch zu sein, sich abzusondern, an Grenzen zu gehen. Der überzeugt davon war, ein Genie zu sein, der zum Egomanen wird und dabei vereinsamt.“

Von den Drogen als Vorbereitung hat Eidinger wohlweislich die Finger gelassen. Nur einen Finger hat er sich gelb gefärbt und für die Rolle zu rauchen angefangen. Größte Herausforderung ist indes etwas anderes: „Die Monstrosität des Moments, wenn Trakl seine Schwester küsst.“ Auch wenn die Schauspieler noch nichts verraten dürfen: Harte, explizite Szenen sind zu erwarten. Dabei, erklärt Eidinger, sei es keineswegs Ziel des Films, sich am Inzesttabu abzuarbeiten. „Sondern den Zuschauer dazu zu bringen, sich selbst die Erfüllung dieser unmöglichen Liebe herbeizusehnen.“

AUF EINEN BLICK

„Für immer und ewig“ erzählt die Lebensgeschichte des Dichters Georg Trakl. Der Film wird in Österreich und Luxemburg gedreht, geplanter Fertigstellungstermin ist im Februar 2011.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2010)

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