Der Zuckerkonzern Agrana schließt eine der zwei letzten Zuckerfabriken Österreichs. Der Aufschrei ist riesig. Bei den Rettungsversuchen kommt es mitunter zu ungewohnten Allianzen.
91 Gramm Zucker isst jeder Österreicher durchschnittlich am Tag. Das sind 33,3 Kilogramm im Jahr und weit mehr, als die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt. Aber davon haben die Mitarbeiter der Zuckerfabrik in Leopoldsdorf nichts. Denn der heimische Zucker- und Stärkekonzern Agrana hat angekündigt, den Standort nächstes Jahr zu schließen. Damit bleibt nur noch der Zucker-Standort in Tulln – die letzte Zuckerfabrik in Österreich. Die Bauern warnen vor steigenden Importen. Und die Sache wird zum Politikum: Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat für Donnerstag einen runden Tisch im Ministerium einberufen.
Für Beobachter kommt der Schritt nicht überraschend. Einst war die Zuckerproduktion in der EU mit Quoten limitiert. 2017 fiel das Regime der Mindestpreise. Es kam zur Überproduktion und die Preise rasselten in den Keller. Das traf den heimischen Zuckerproduzenten Agrana hart: Die Folge waren jahrelange Verluste im Bereich Zucker. Nun zog das Management die Reißleine. Man habe „die Konzentration auf einen Standort“ beschlossen, teilte die Agrana am Dienstagabend mit. Bauernvertreter und Politiker gehen gleichermaßen auf die Barrikaden. In Leopoldsdorf bangt man um 150 Arbeitsplätze und 300.000 Euro Kommunalsteuer. Die Rübenbauern, die der Agrana die Rohstoffe für die Zuckerherstellung liefern, setzen auf die Politik. Der Strohhalm, an den sie sich klammern: Die Agrana will ihren Entschluss noch einmal überdenken, falls sie sichergehen kann, dass in Österreich auf zumindest 38.000 Hektar Zuckerrüben angebaut werden.