Als in Minsk die Oppositionsführerin einfach verschwand

Maria Kolesnikowa (hier auf einem Archivbild von Anfang August) protestierte auch am vergangnenen Wochenenden mit Tausenden Menschen in Minsk gegen Präsident Lukaschenko. Am Montag verschwand sie.
Maria Kolesnikowa (hier auf einem Archivbild von Anfang August) protestierte auch am vergangnenen Wochenenden mit Tausenden Menschen in Minsk gegen Präsident Lukaschenko. Am Montag verschwand sie.APA/AFP/SERGEI GAPON
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Die Entführung von Maria Kolesnikowa ruft Erinnerungen an Lukaschenkos Todesschwadron der 1990er-Jahre wach. Mit ihr sind auch zwei weitere Mitglieder des Koordinationsrats der Opposition verschwunden.

Grodno. In Minsk sind am Montag drei Mitglieder des Koordinationsrats von Swetlana Tichanowskaja spurlos verschwunden. Eine Leserin der unabhängigen Nachrichtenseite tut.by berichtete, sie habe beobachtet, wie Maria Kolesnikowa beim Museum für Zeitgenössische Kunst von maskierten Unbekannten in Zivilkleidern in einen schwarzen Kleinbus mit der Aufschrift „Verbindung“ gezerrt worden sei. Der oppositionelle Koordinationsrat, dem Kolesnikowa als eines der letzten noch im Lande verbleibenden Mitglieder angehört, vermutet eine Festnahme.
Das Innenministerium bestreitet dies. Auch die Minsker Polizei dementierte eine Festnahme Kolesnikowas. Laut russischen Agenturberichten wollen die Behörden wegen einer möglichen Entführung ermitteln.

Das Nachrichtenportal tut.by hat inzwischen eine Videoaufnahme eines Autofahrers veröffentlicht, die den mutmaßlich für die Entführung benutzten Kleinbus zeigt, jedoch kaum weitere Schlüsse zulässt. Die Entführung soll kurz nach zehn Uhr vormittags stattgefunden haben. Die 38-jährige Kolesnikowa geht seitdem nicht mehr an ihr Mobiltelefon. Jede Spur fehlt inzwischen auch vom Pressesprecher der Koordinationsrats sowie dem Ratssekretär Iwan Krawtsow.

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