Folklore: Basilisk
Buch

„Sagen reloaded“ - die Fake News von einst in neuem Gewand

Was früher Sage war, sind heute Urban Legend, Hoax und Fake News. Über Neues zu einem alten Genre – etwa im Buch „Sagen reloaded“, in dem Autoren heimische Sagen überraschend neu erzählen. Mit einer eindeutigen Lieblingsfigur.

FOAF tales“ nennt man sie im Englischen auch: „friend of a friend tales“. Es sind Geschichten, deren Urheber zwar genannt wird, aber so unbestimmt bleibt, dass er den Wahrheitsgehalt nicht beglaubigen kann. „Der Freund eines Bekannten hat erzählt . . .“, heißt es da zum Beispiel, oder: „Meine Cousine hat von ihrer Freundin erzählt bekommen . . .“ Derlei Gerüchte sind der Stoff, aus dem sich, vielfach weitererzählt, moderne, aber meist sehr kurzlebige Legenden bilden. Unentwegt poppt irgendwo in den sozialen Netzwerken etwas auf, was früher eine Sage hätte werden können. Allein Corona hat schon für jede Menge neuer „Urban Legends“ gesorgt. Ihren Ursprung in einem Gerücht und ihre Beglaubigung mit präzisen Ortsangaben haben sie mit dem alten Genre gemeinsam.

Formal gesehen scheinen solche modernen Legenden mit niedergeschriebenen Sagen kaum etwas zu tun zu haben. Aber bevor diese Sagen niedergeschrieben und literarisch ausgeformt wurden, waren sie immer weitererzählte Gerüchte über den und den Menschen, dem an dem und dem Ort das und das passiert sei. „Kunde von Ereignissen der Vergangenheit, welche einer historischen Beglaubigung entbehrt“, so definierten die Gebrüder Grimm die „Sage“ – einen Begriff, den sie vom althochdeutschen „Saga“ ableiteten.

Das Monster – ein Präsident

Was bei heutigen Legendenbildungen fehlt, sind die örtlich gebundenen „stabilen Gemeinschaften“, wie der österreichische Autor Michael Köhlmeier es nannte. Oder bei den Brüdern Grimm: „die Wanderung von Geschlecht zu Geschlecht“, in der die Geschichte „durch das dichterische Vermögen des Volksgemütes umgestaltet wird“. Generationen über Generationen erzählten die Geschichten weiter – und machten Sagen damit so faszinierend: weil sie Lebens- und Glaubenswelten aus „grauer Vorzeit“ speichern.

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