Hypo Alpe Adria: Kroatiens Expremier unter Verdacht

Kroatiens Expremier unter Verdacht
Kroatiens Expremier unter Verdacht(APA)
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Der frühere kroatische Premier Ivo Sanader ist in das Blickfeld der kroatischen Justiz gerückt und steht im Verdacht, bei der Vermittlung von Krediten der Hypo Group Alpe Adria mit abkassiert zu haben.

Belgrad. Wohl aus gutem Grund hat Kroatiens einst so mächtiger Exlandesvater seine Heimat vergangene Woche überraschend in Richtung USA verlassen. Wie das Wochenmagazin „Nacional“ unter Berufung auf „hohe Regierungskreise“ am Dienstag berichtete, ist der langjährige Premier Ivo Sanader im Zuge der Machenschaften der einstigen Landesbank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) in das Blickfeld der kroatischen Justiz gerückt: Die Staatsanwaltschaft des Landes ermittle gegen den 57-Jährigen wegen des Verdachts der Annahme „ungesetzlicher Provisionen“.

Laut der Zeitschrift soll der langjährige Chef der konservativen HDZ von dem kroatischen Unternehmer Miroslav Kutle Ende der 90er-Jahre für die Vermittlung eines Vier-Millionen-Mark-Kredits bei der Hypo eine Provision von zwanzig Prozent, das heißt 800.000 Mark (409.034 Euro), abkassiert haben: Die Provision sei laut Aussage der früheren Finanzchefin von Kutle in mehreren Raten aus einem schwarzen Fonds der „Globus Gruppe“ des Unternehmers an Sanader bezahlt worden.

In enger Zusammenarbeit mit der österreichischen Justiz wolle die Staatsanwaltschaft nun ermitteln, ob der Hypo-Kredit überhaupt legal vergeben worden sei.

In Los Angeles untergetaucht

Ein Einzelfall ist der Korruptionsvorwurf gegen den im Sommer 2009 völlig überraschend abgetretenen Expremier keineswegs. Bereits unmittelbar nach Sanaders Amtsantritt im Jahr 2003 hatte das mittlerweile eingestellte Oppositionsblatt „Feral“ berichtet, dass der HDZ-Chef Provisionszahlungen für Hypo-Kredite eingestrichen habe – ein Verdacht, den der frisch gebackene Premier stets heftig dementierte.

Doch seit der frühere Theater-Intendant vor Jahresfrist ohne Angaben von Gründen die Regierungsbank räumte, scheint der von ihm hinterlassene Korruptionssumpf ein immer größeres Ausmaß anzunehmen.

Auf mindestens 1,4 Millionen Kuna (200 Millionen Euro) beziffert mittlerweile die Zeitung „Jutarnij List“ unter Berufung auf die Antikorruptionsbehörde USKOK den Schaden, den Kroatien allein durch die zehn größten Korruptionsfälle während der Amtszeit des Expremiers erlitten habe: Der gesamte Schaden für das Staatssäckel des EU-Anwärters durch Korruption in der früheren Regierungsspitze könne rund 16 Milliarden Kuna (2,2 Milliarden Euro) betragen.

Staatsaufträge an Günstlinge

Ihre Privat- und Parteikassen habe die HDZ-Führung immer nach demselben Muster gefüllt. Öffentliche Aufträge wurden nur an die Firmen von Günstlingen und Vertrauensleute vergeben, die für ihre Dienste viel zu hohe Rechnungen ausstellten: Im Gegenzug teilten sie die zu Unrecht eingestrichenen Staatsgelder mit ihren Gönnern.

Verhaftung steht im Raum

Eine Verhaftung des derzeit in Los Angeles weilenden Sanader hält die Zeitung „Glas Slavonije“ keineswegs für ausgeschlossen. Wenige Stunden nach seinem überraschenden Abflug in die USA nahm die Polizei Nevenka Jurak, eine langjährige Vertraute des Expremiers, fest. Während der Amtszeit ihres Gönners hatte die Geschäftsfrau den Umsatz ihrer Werbeagentur „Fimi Media“ auch dank fiktiver Rechnungen um das 580-fache gesteigert: Laut der kroatischen Presse soll Sanader alle Staatsunternehmen angewiesen haben, Werbeaufträge nur an „Fimi Media“ zu vergeben.

Während die österreichische Justiz nun auch gegen den früheren kroatischen General Vladimir Zagorec wegen seiner Vermittlerrolle bei der Vergabe dubioser Hypo-Kredite ermittelt, zieht der Skandal um die korrupten Machenschaften der HGAA auch in Kroatiens Nachbarstaaten immer größere Kreise.

Illegale Provisionen könnten laut der serbischen Presse auch beim Bau des Belgrader Appartementkomplexes „Belleville“ gezahlt worden sein, der bei der Universiade 2009 als Sportlerdorf diente. „Der Fall Hypo erschüttert die Region“, titelte am Dienstag die Belgrader Zeitung „Politka“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2010)

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