"Soko Hypo"-Chef: Ein Mann für gewisse Fälle

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Soko HypoChef Mann fuer(c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
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Wenn es um haarige Fälle von (mutmaßlicher) Wirtschaftskriminalität geht, wird gerne nach Ermittler Bernhard Gaber gerufen. Zuerst bei der Bawag, dann bei der Immofinanz. Jetzt ist die Kärntner Hypo dran.

Die Justizanstalt Klagenfurt: Seit Sonntagnacht logiert dort der frühere Chef der Hypo Alpe Adria, Wolfgang Kulterer.Der U-Häftling wird täglich einvernommen, stundenlang. „Er zeigt sich gefasst und wirkt kooperativ“, sagt Oberstleutnant Bernhard Gaber.

Gaber ist bei all den Einvernahmen dabei, „weil es sich bei Kulterer um eine für die Causa Hypo wichtige Person handelt und ich authentische Informationen einholen muss“. Die wiederum braucht er, weil er seit Dezember 2009 die sogenannte „Soko Hypo“ leitet – eine 18-köpfige Truppe, die der Staatsanwaltschaft bei Ermittlungen, Hausdurchsuchungen, Einvernahmen, etc. helfend zur Seite steht.

Eigentlich arbeitet Bernhard Gaber streng im Hintergrund, abseits jeder Öffentlichkeit. Doch jetzt hat er es plötzlich zu erstaunlicher Prominenz gebracht. Journalisten reißen sich um Interviews mit ihm, „die letzten Tage waren schon ein Wahnsinn“, sagt er. Aber ein durchaus naheliegender „Wahnsinn“. Denn der Kriminalist Gaber ist über die Jahre zu einer Art „Manager-Schreck“ geworden: Überall dort, wo (mutmaßliche) Wirtschaftskriminalgeschichte geschrieben wird, ist Bernhard Gaber zur Stelle. Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner hat er seinerzeit aus Frankreich nach Österreich überstellt. Gegen Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics hat er ebenfalls ermittelt. Und jetzt ist eben Wolfgang Kulterer dran.

Den hat Gaber am Freitag vergangener Woche übrigens selbst verhaftet. „Das war ganz unproblematisch“, schildert Gaber offenherzig, „weil ein Überraschungseffekt gegeben war.“ Kulterer ließ sich widerstandslos festnehmen. Eine gewisse Begeisterung für das gleichsam historische Ereignis kann Gaber aber trotzdem nicht verhehlen: „Das war wie im Film“, erzählt er. „Als wir hingekommen sind, hat die Sonne geschienen. Als wir mit Kulterer aus der Tiefgarage gefahren sind, hat es wie aus Schaffeln gegossen.“

Die sehr bildhafte, nahezu aufgeregte Schilderung der Kulterer-Festnahme trügt – zumindest wenn man der Aussage von Franz Lang, Chef des Bundeskriminalamtes, Glauben schenkt. Der ist voll des Lobes für Bernhard Gaber, wegen dessen „stoischer Ruhe, wenn alles rundherum hypertrophiert“. Und er bescheinigt Gaber, „kein typischer Beamter“ zu sein, „er ist sehr konstruktiv und mutig visionär. Eine Entdeckung.“

Die „Entdeckung“ erfolgte im Jahr 2006, eher per Zufall. Die Bawag-Krise war gerade eskaliert, und das Bundeskriminalamt tat sich schwer, „alteingesessene Experten“ aufzutreiben. Da fiel der Name Bernhard Gaber – der jahrelang leitender Kriminalbeamter in Kärnten gewesen war, spezialisiert auf Betrugs- und Wirtschaftsdelikte. Später hat er auch eine Ausbildung als Master of Public Administration absolviert. Das musste als Wirtschaftsexpertise reichen.

Gaber wurde kurzerhand von seinem Einsatz bei der Fußball-WM in Deutschland abberufen und mit der Leitung der „Soko Bawag“ betraut. Seitdem hat er ein Dauer-Abo auf haarige Wirtschaftsfälle – „weil den Job nimmt mir ja auch keiner ab“.

Ein wahres Wort. Wohl hat sein Beruf durchaus spannende Seiten – beispielsweise, als Gaber Ex-Bawag-Chef Elsner nach monatelangen Auslieferungsverhandlungen von der Côte d'Azur nach Wien brachte. „Das war schon stilvoller als die Kulterer-Festnahme“, erzählt er. „Wir haben Elsner mit einem Learjet am Flughafen abgeholt.“ Eine „außergewöhnliche Aufgabe“ sei das schon gewesen, und Elsner habe sich keinesfalls so zahm wie Kulterer geriert: „Er war sehr aufgeregt und hat ständig telefoniert.“

Gabers „Soko“ stand dem damaligen Staatsanwalt Georg Krakow natürlich auch bei den zahllosen Einvernahmen und Hausdurchsuchungen zur Seite. Offenbar zur vollsten Zufriedenheit seiner Auftraggeber. Kurze Zeit später leitete er jedenfalls die „Soko Immofinanz“. Dort wurde Gaber allerdings schon nach einem halben Jahr abberufen – die Causa Hypo schien dringlicher.

Soweit zum glamourösen Teil des Jobs. Der kann aber auch ganz schön undankbar sein. Über die permanent hagelnden Vorwürfe, die Justiz arbeite in großen Wirtschaftsfällen nur schleppend, kann Gaber, wie er sagt, „nur staunen“. „Wenn jemand so etwas behauptet, dann kann ich nur darauf sagen, dass man so etwas einfach einmal selbst erlebt haben muss.“ Und liefert gleich einmal ein paar Zahlen nach: „Wir haben mehr als 130 Einvernahmen und 28 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Rund 2000 Personen und Firmenverbindungen wurden eruiert, die noch evaluiert werden müssen. 60 Anzeigen liegen zur Bearbeitung vor. Von der Staatsanwaltschaft gibt es 200 Anordnungen zu Kontoöffnungen.“ Gaber: „Und ich habe seinerzeit schon die Bawag für eine Monster-Causa gehalten. Dort hat es zehn Beschuldigte gegeben, bei der Hypo sind es 40.“

Unschwer zu erkennen: Gabers Job kann auch ordentlich aufreibend sein. Zumal seine Funktion als „Soko“-Leiter in erster Linie darin besteht, zu koordinieren und zu administrieren. „Es ist ein Management-Job“, sagt Bundeskriminalamt-Chef Lang.

Als „Soko“-Chef musste Gaber zunächst einmal sein Team selbst zusammenstellen – 17 Wirtschaftsermittler und IT-Experten hat er für den Fall Hypo um sich gruppiert. Dazu kommen noch externe Sachverständige, mit denen er engen Kontakt pflegt, sowie „eine Bankenfachfrau“, die in fachlichen Belangen weiterhelfen soll. Gabers Arbeitstag beginnt um sieben Uhr morgens, dann folgen im Stakkato Teambesprechungen, Gespräche mit der Staatsanwaltschaft, Einvernahmen, Analysebesprechungen, Vorbereitungen für Hausdurchsuchungen.

Die Hypo-Ermittlungen seien jedenfalls seine bisher größte Herausforderung – „allein schon wegen der gewaltigen internationalen Verflechtungen“, sagt Gaber. Sein Team möchte er demnächst personell aufstocken – zwecks Bewältigung der Arbeitsflut.

Trotzdem ist Gaber klar: „Die Ermittlungen werden noch einige Jahre dauern.“ Schade eigentlich: Die Recherchen in der Causa Buwog könnten durchaus mehr Dampf vertragen.

auf einen blick

In der Causa Hypo hat es vor einer Woche eine erste Festnahme gegeben: Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer sitzt wegen Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr in U-Haft. Gegen ihn wird wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs ermittelt (es gilt natürlich die Unschuldsvermutung). An der Spitze des Ermittlerteams: der Kriminalist Bernhard Gaber.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2010)

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