In Kuchl im Salzburger Tennengau sind die Corona-Infektionen außer Kontrolle geraten – das Land stellt die Marktgemeinde unter Quarantäne. Dazu werden im ganzen Bundesland auch noch weitere, schärfere Maßnahmen gesetzt.
Salzburg. Salzburg verschärft angesichts der stark steigenden Coronazahlen – Brennpunkt ist mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 284,4 der Tennengau – die Gangart: In ganz Salzburg werden private Feiern und Zusammenkünfte außerhalb der eigenen Wohnung verboten. Kultur- und Sportveranstaltungen dürfen nur mit zugewiesenen Sitzplätzen durchgeführt werden. Gastronomiebetriebe müssen ihre Gäste registrieren, die Sperrstunde bleibt bei 22 Uhr. Für Schüler ab 14 Jahren gilt in fast allen Bezirken wieder Home-Schooling.
Am stärksten trifft es Kuchl: Die Marktgemeinde wird ab Samstag für 14 Tage unter Quarantäne gestellt. Mehrere private Feiern dürften zur starken Virusverbreitung beigetragen haben. Von den 6700 Einwohnern der Gemeinde sind derzeit rund 90 Personen aktiv infiziert, bisher gab es rund 150 positive Tests. „In Kuchl ist die Lage unüberschaubar, es gibt eine Vielzahl von Clustern, die ineinander übergehen“, beschrieb Landessanitätsdirektorin Petra Juhasz die Situation. Die Quarantäne sei unumgänglich: Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe bleiben geschlossen, die Schulen – wie das Holztechnikum Kuchl – stellen auf Onlineunterricht um. Die Zufahrt zum Ort und das Verlassen sind nur für die Grundversorgung möglich, für Pendler aus systemrelevanten Berufen – wie der Gesundheitsversorgung – gibt es Ausnahmen. Die Wohnung verlassen dürfen die Kuchler während der Quarantäne nur, um spazieren zu gehen oder einzukaufen.
„Es ist kein leichter Tag“, sagte Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Das Ansteigen der Infektionszahlen gebe aber Anlass zu großer Sorge. Es gelte, eine noch schlimmere Entwicklung zu verhindern.
Am Donnerstag waren im Bundesland bis Mittag knapp 800 Personen aktiv infiziert, zu Beginn des Monats lag man noch bei unter 300 aktuell Erkrankten. Die meisten Infektionen zählt der Tennengau, wo neben Kuchl auch Gemeinden wie Adnet, Scheffau, Hallein, Golling oder Krispl stark betroffen sind.
Das zeigt sich auch in den Spitälern: „Seit 8. Oktober hat sich die Zahl der mit Covidpatienten belegten Betten verdoppelt, bei den Intensivbetten verfünffacht“, so Gesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP): „Wenn das so weitergeht, sind wir in zehn bis zwölf Tagen an der Kapazitätsgrenze.“ Schon wird laut darüber nachgedacht, das Behelfsspital im Salzburger Messezentrum wieder aufzubauen. Außerdem wurden am Donnerstag der medizinische Krisenstab des Landes und jener an den Salzburger Landeskliniken aktiviert.
Sorgen machen den Salzburger Behörden nicht nur der Anstieg der Zahlen und die rote Ampel für den Tennengau. „Ich erlebe eine mangelnde Bereitschaft der Bevölkerung, bei den grundsätzlichen Maßnahmen mitzuziehen“, konstatierte Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne): „Die Politik kann Maßnahmen verordnen. Sie wirken nur, wenn die Bevölkerung mitmacht“, appellierte er.
Landessanitätsdirektorin Juhasz berichtete von infizierten Menschen, die sich weigern, ihre Kontakte preiszugeben. Oder von Menschen, die sich nicht testen ließen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2020)