Gartenkralle

Wie Hagebutten­marmelade gelingt

Aus Hetscherln lässt sich eine ganz besondere Marmelade machen.
Aus Hetscherln lässt sich eine ganz besondere Marmelade machen.Woltron
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Die Hagebuttenmarmelade ist nicht nur die Marmelade der Rose und somit das Edelste vom Edlen, sondern ihre Herstellung ist auch eine Herausforderung und nur Geduldigen empfohlen.

Es beginnt die Zeit, in der die Liebhaberinnen und Freunde der Hetscherlmarmelade wachen Blickes durch die Gegend streifen und an Waldrändern und neben Feldwegen nach knallrot behängten Sträuchern Ausschau halten. Zwar ist es für die Ernte noch zu früh, zumindest in den wärmeren Lagen, denn die Hagebutte braucht die Kälte, am besten den Nachtfrost, um zu reifen. Doch dieser Moment rückt spürbar näher, und schon bald werden sich die Wildrosenfrüchte unter dem prüfenden Fingerdruck weich anfühlen, und ab dann schreitet man zur Tat.

Die ideale Konsistenz einer Hagebutte erkennt man folgendermaßen: Man reißt sie vom Stängel, wodurch, wenn sie bereits weich genug ist, eine Lücke entsteht. Drückt man dann die Frucht sanft mit zwei Fingern, quillt daraus weiches Fruchtmus hervor. Ideal! Nicht verschwenden, sondern kosten. Aus solchen Hetscherln gekochte Hagebuttenmarmelade ist möglicherweise eine der Königinnen im Marmeladenreich. Sämig, samtig, säuerlich – ein Hochgenuss auf jedem Butterbrot, doch zugegebenermaßen recht viel Arbeit, die zahlt sich aber unbedingt aus.

Für die Ernte empfiehlt es sich, möglichst viele freiwillige Helfer um sich zu scharen und vorab einzuschulen, weil die richtige Pflückmethode später viel Putzarbeit spart: Man drückt jedem eine feine Rebschere in die Hand, diese bekommt man preisgünstig in der Mostabteilung im Lagerhaus, und besteht darauf, dass die einzelnen Hagebutten möglichst knapp und ohne Stängel abgeschnitten in den Kübel wandern. Während die Truppe den Strauch umringt und aberntet, kann man aufmunternde Lieder singen und Geschichten erzählen. Nur so zum Beispiel, denn es dauert doch ein Weilchen, bis ein paar Kilo nach Hause getragen werden können.

Dort muss die Ernte unbedingt sofort gewaschen und geputzt werden, denn gut gereifte Hagebutten neigen dazu, dem Schimmelpilz recht schnell zum Opfer zu fallen. Wo es möglich ist, werden die schwarzen Enden mit scharfem Messer abgeschnitten – und ab hier befinden wir uns an einer maßgeblichen Weggabelung. Die eine Richtung führt in den Wahnsinn, weil sie besagt, dass jede einzelne Frucht von den Kernen befreit werden muss. Die andere ist eine Abkürzung.

Zuvor ein Exkurs: Hagebutten sind, botanisch betrachtet, sogenannte Sammelfrüchte. Die Kerne in ihrem Inneren sind tatsächlich Nüsschen, das Fruchtfleisch bildet sich aus dem Blütenboden. Die einzelnen Samen sind mit feinen, mit Widerhaken besetzten Härchen bedeckt, auf dass sie auf Pelzen, Federn und dergleichen mehr gut haften, was der Verbreitung der Pflanze dient. Älteren Semestern dürfte erinnerlich sein, dass man daraus ein hochwirksames Juckpulver herstellen kann, wovon an dieser Stelle natürlich abgeraten wird, weil es unter Umständen heftige Allergien auslösen kann.

Zurück zur Marmelade: Besagte Nüsschen aus jeder einzelnen Frucht herauszukratzen ist, unschwer vorstellbar, eine unendlich mühsame Übung, die man sich jedoch sparen kann, wenn man den zweiten Weg einschlägt und die Abkürzung nimmt. Nach der Wäsche kommen die Hetschipetsch, wie man sie mancherorts auch nennt, in einen großen Kochtopf und werden mit Wasser aufgegossen. Die obersten Früchte sollten noch ein wenig über die Wasseroberfläche ragen. Dann wird der Kochlöffel ergriffen und möglichst gleichmäßig über den Topfboden geführt, denn das köchelnde Mus legt sich recht schnell an.

Je nach Reifegrad dauert die Prozedur eine gute halbe Stunde, bei sehr reifen Früchten auch kürzer. Sobald sich ein sämiger Brei gebildet hat, kommt die Masse in die Flotte Lotte und wird durch das feinste verfügbare Sieb passiert. Die Kerne werden verworfen, das Muss wird abgewogen. Auf ein Kilo kommt der Saft einer halben Zitrone und etwa 800 Gramm Zucker. Die Hagebutten enthalten viel Pektin, Gelierzucker wird dadurch obsolet. Jetzt muss der Marmeladenbrei noch ein paar Minuten unter stetem Rühren köcheln, dann kann er in Gläser abgefüllt werden.

Die Hagebuttenmarmelade ist letztlich eine Rosenmarmelade, also das Edelste vom Edlen. Die kleinen Wildrosenfrüchte sind erfahrungsgemäß am besten geeignet, weil sie die aromatischsten sind. Es gibt jedoch gewisse Rosensorten, die besonders große und ebenfalls recht schmackhafte Hetscherln liefern. Eine davon ist die extra zu diesem Zweck gezüchtete Vitaminrose „Pirosa“. Sie trägt bis zu drei Zentimeter lange, dicke Früchte und gilt als Vitamin-C-Bombe. Ihr Wuchs und ihre Blüten sind der Wild- oder Hundsrose ähnlich, die Früchte reifen allerdings deutlich früher im September. ⫻

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