Die Wiener Wahlkämpfer haben den FP-Spitzenkandidaten und seine Plakate sehnlichst erwartet. Irgendwer muss doch mobilisieren.
In der SPÖ herrschte Ratlosigkeit; im „War Room“, der nicht so heißen darf, hatten sich die Mitarbeiter kaum wach halten können. In Umfragen erreichte Michael Häupls Partei 50Prozent – das schlimmste Gift für die Mobilisierung der Funktionäre. Die gesamte SPÖ-Wahlkampfstrategie schien gefährdet: Der Feind im inszenierten Duell Michael Häupls gegen Heinz-Christian Strache ließ aus. Der FPÖ-Chef war psychisch und physisch lange auf Urlaub. Statt widerlicher Anti-Islam-Slogans plakatierte die FPÖ zur allgemeinen Überraschung fröhliche Modernisierungsverlierer, die ihren FP-Kandidaten verehren.
Doch nun die schaurige Erlösung: Straches Wiener-Blut-Plakat gegen das Fremde ist genauso ausgefallen, wie viele wohlig-entsetzt befürchtet oder erhofft hatten. Vom Toskana-Urlaub direkt in den antifaschistischen Abwehrkampf: Besser geht es nicht! Ja, das Plakat ist hetzerisch und dumm. Fast ein bisschen wie der dazugehörige Spitzenkandidat. Nicht wenige Reaktionen sind hysterisch und dumm: Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely nennt Straches Plakat „lebensgefährlich“. (Weil er gegen die tausenden Mitarbeiter ausländischer Herkunft hetze, die das Wiener Gesundheitssystem tragen.) Spricht nicht für Wehsely, wenn unter ihrer politischen Verantwortung ein Plakat der FPÖ unsere Gesundheitsversorgung zerstören kann.
Nein, da wird gerade viel künstliche Aufregung produziert, wo kurze scharfe Abgrenzung reichen würde. Aber das würde der Wahlkampfmaschine schaden. Und vielleicht der FPÖ. (Bericht: Seite 12)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2010)