Testbericht

iPhone 12 Pro: Apple findet zu seiner alten Form zurück

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Vier neue Modelle hat Apple vom iPhone 12 präsentiert. Zwei davon sind bereits auf dem Markt erhältlich. Das supergroße und das Mini-Modell lassen noch auf sich warten. „Die Presse“ hat das Pro-Modell getestet.

Das iPhone findet zu seiner alten Form zurück. Und das nicht nur im übertragenen Sinn. Mit der zwölften Generation schickt Apple gleich vier iPhone-Modelle ins Rennen um das Weihnachtsgeschäft. Dabei macht einerseits die Größe, andererseits aber auch die Ausstattung den (preislichen) Unterschied.

(c) Die Presse/Barbara Steinbrenner

Über mehr als ein Jahrzehnt hat Apple das Design in der Smartphone-Welt vorgegeben und sich auch oft vor Gericht den Anspruch auf das Aussehen versucht zu erstreiten. Ein Rechteck, dessen Kanten immer runder und glatter wurden. Vom Handschmeichler der letzten Jahre zurück zu einem kantigeren Design, wie man es vom iPhone 4 kennt. Eine Form, die heute noch bei vielen treuen Apple-Kunden Anklang findet. Zu Recht, es hinterlässt einen positiven Gesamteindruck. Optisch wie technisch. Andere Handys wirken heute, als wären sie zu lang auf der Streckbank gelegen. Es wirkt von Breite und Länge sehr gut ausgewogen, das sich auch in der Handhabung bemerkbar macht.

Bleiben wir noch ein wenig bei den Äußerlichkeiten. Das iPhone 12 Pro besitzt ein „Ceramic Shield“. Was sich nach einer Wunderwaffe aus Marvels „Avengers“-Universum anhört, soll die Widerstandsfähigkeit steigern. Bis zu vier Mal wahrscheinlicher soll es sein, dass das iPhone Stürze unbeschadet übersteht. Nun gibt es aber auch bei unseren Tests Schmerzgrenzen. Das auszuprobieren haben wir lieber anderen überlassen.

Auch ohne Gewalteinwirkung wirkt das Gerät resistenter gegen alltägliche Kratzer als noch das Vorjahresmodell. Auch wenn wir aufgrund der Pandemie weniger unterwegs waren als noch im November 2019. Testweise wurde es trotzdem in die Handtasche geschmissen und auf einen Spaziergang mitgenommen. Und siehe da, alles in Ordnung. Das war beim iPhone 11 leider nicht der Fall.

Ein Wackeldackel auf dem Tisch

(c) Die Presse/Barbara Steinbrenner

Auf der Rückseite rückt das Apple-Logo bei der überpräsenten dreiäugigen Kamera in den Hintergrund. Trotz der Tatsache, dass das iPhone 12 Pro dicker als seine Vorgänger ist, scheint es noch immer nicht möglich, dass man die Kamera plan mit der Rückseite verbaut. Es mag eine persönliche Abneigung sein, aber Geräte so auf dem Tisch liegend zu bedienen hinterlässt gemischte Gefühle. Diese ständige Wacklerei nervt – bei jedem Hersteller. Die Kamera kann aber einiges dazu beitragen, diesen Design-Fauxpas zu verzeihen.

Seitlich ist auf der rechten Seite der Power-Button, links sind Lautstärkeregler, der Kippschalter zum Stummschalten. Weiter unten befindet sich dann der SIM-Slot. Der Edelstahlrahmen sorgt für das edle Finish des Geräts, solang man es nicht anfasst. Fingerabdrücke und Schmierer sind Dauerprogramm.

(c) Die Presse/Barbara Steinbrenner

Mit 146,7 x 71,5 x 7,4 Millimeter ist es nur marginal größer als das iPhone X (143,6 x 70,9 x 7,7 mm) aus dem Jahr 2017, wobei dieses „nur“ ein 5,8 Zoll großes Display bietet. Beim iPhone 12 Pro hingegen strahlt ein 6,1 Zoll großes Display mit einer Auflösung von 1170 x 2532 Pixel. Das ergibt eine Pixeldichte von 460 ppi. Der OLED-Bildschirm ist auf dem gleich guten Niveau wie im Vorjahr. Dass die Bildwiederholfrequenz weiterhin bei 60 fps liegt und nicht bei 120 wie bei der Konkurrenz, stört nur, wenn man zuvor ein Gerät mit einem 120-Hz-Display hatte. Dann ist der Unterschied spürbar, da das Scrollen „geschmeidiger“ ist.

Insgesamt ist Apple hier einmal mehr ein Smartphone aus einem Guss gelungen. Das iPhone 12 Pro sieht nicht nur gut aus, sondern liegt auch extrem gut in der Hand. Die Breite ist nahezu ideal und es ist das erste Smartphone, bei dem einhändiges Tippen nahezu blind möglich ist. Hier ist den Kaliforniern tatsächlich die perfekte Abmischung gelungen.

Die Neuentdeckung der Widgets

(c) Die Presse/Barbara Steinbrenner

Die neue iPhone-Generation ist natürlich auch bereits mit der neuesten iOS-Version ausgestattet. Aufgeräumt, wenig verspielt kommt das Betriebssystem daher. Zumindest auf den ersten Blick. Zwar kann man weiterhin seine Apps nicht nach seinen Wünschen auf dem Startbildschirm positionieren. Mit den Widgets, die sich auch stapeln lassen, kommt jetzt aber ein bisschen mehr Individualität ins Spiel. Ob sie sich bei den Nutzern bewähren, ist fraglich, die deutlich größere Android-Community hat dem Feature längst abgeschworen.

Um Widgets hinzuzufügen, drückt man länger auf eine leere Seite auf dem Bildschirm. Sobald die Apps wie wild zu tanzen beginnen, klickt man auf das Symbol + in der linken oberen Ecke. Es öffnet sich die Widget-Liste. Besonders angetan hat es uns im Test der Widget-Stapel, der die wichtigsten Apps wie Wetter, Termine, Schlagzeilen anzeigt. Die Anpassungsmöglichkeiten sind jedoch eingeschränkt.

(c) Die Presse/Barbara Steinbrenner

Insgesamt ist das Betriebssystem eine der Stärken Apples. Im Lauf des Tests zeigte sich auch, wie erpicht externe Entwickler darauf sind, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Binnen kürzester Zeit sind die Anwendungen auch äußerlich angepasst. Das iPhone 12 verfügt über den neuen A14-Bionic-Prozessor von Apple, den ersten 5-nm-Chip in einem Smartphone. Gepaart mit dem Arbeitsspeicher (6 GB) ist das Handy blitzschnell.

Wunschlos glücklich macht das Apple-Handy trotzdem nicht. Das iPhone 12 Pro kostet je nach Speicher-Ausführung zwischen 1149 (128 GB) und 1499 Euro (512 GB). Dafür bietet es Funktionen, die nicht zwingend alltagstauglich beziehungsweise auch nicht flächendeckend einsatzfähig sind.

Mehr Schein als Sein

Das Note 20 kann es, und jetzt auch das iPhone. Nur das Netz dafür fehlt. Sollte man doch einen 5G-Masten finden, saugt das kräftig am Akku. Ohne ultraschnelle Mobilfunkverbindung schafft er bei intensiver Nutzung bis zu zwei Tage. Aber um derzeit tatsächlich 5G aufs Handy zu bekommen, muss man auf die Suche gehen. Schlau ist hingegen, wie Apple 5G auf dem iPhone einsetzt. Das kann in ein bis zwei Jahren durchaus sinnvoll sein.

In den Einstellungen unter Mobile Daten/Roaming ist „5G automatisch“ voreingestellt. Das bedeutet, dass „5G nur verwendet wird, wenn die Batterielebensdauer nicht signifikant verringert wird“. Sobald also tatsächlich 5G verfügbar ist und dann auch wirklich gebraucht wird, schaltet das Gerät um. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, „5G aktiviert“ einzustellen. Dann sieht man automatisch, wie oft die neue Mobilfunkgeneration wirklich verfügbar ist.

Das Herzstück: Die Kamera

(c) Die Presse/Barbara Steinbrenner

Es ist eine der größten Stärken Apples: die Kamera. Beim iPhone 12 Pro kommen im Gegensatz zum herkömmlichen 12er-Modell drei Linsen zum Einsatz. Vom iPhone 11 Pro zum aktuellen Modell ist der Unterschied in Bezug auf die Fotoqualität nur marginal. Ein Update nur deswegen lohnt nicht zwingend. Die Bilder überzeugen, und das unter nahezu allen Lichtbedingungen. Der im Pro verbaute LiDAR-Sensor greift dem Autofokus erfolgreich unter die Arme.

Neu ist, dass der Nachtmodus nun bei allen drei Kameras zum Einsatz kommen kann. Damit dies auch die gewünschten Resultate bringt, lohnt sich ein Stativ, außer man ist mit einem besonders ruhigen Händchen gesegnet. Einige Funktionen wie optische Bildstabilisierung, optische Zoommöglichkeiten und ein größerer Lichtsensor bleiben dem iPhone 12 Pro Max vorbehalten, das erst Mitte November erhältlich sein wird. Auch auf das Mini-Modell muss man noch warten.

(c) Die Presse/Barbara Steinbrenner
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Wie oben erwähnt, setzt Apple beim iPhone 12 Pro auf einen LiDAR-Sensor, wie auch schon beim iPad Pro, das im März vorgestellt wurde. LiDAR steht für „Light Detection and Ranging“ und ist dem bekannten Radar ähnlich, indem es optische Entfernungen misst, wobei man hier statt Radar auf Laserstrahlen setzt.

Neben der Stabilisierung des Autofokus setzt Apple bei dem Sensor auf eine zukunftsträchtigere Nutzung. Um zu sehen, was er kann, lohnt sich die Installation der 3-D-Scanner-App. Damit können im Raum stehende Objekte dreidimensional erfasst werden. Ein unbedingtes Must-have ist die Anwendung aber noch nicht, dafür ruckelt und zuckelt es noch zu sehr.

Die Mär um den Umweltschutz

Apple hätte nicht besser argumentieren können. Das Weglassen von Zubehör als Umweltschutzmaßnahme mag gefallen, aber ist zum jetzigen Zeitpunkt schlecht gewählt.

(c) Die Presse/Barbara Steinbrenner

Hand aufs Herz. Wie viele Personen haben Netzstecker und Ladekabel der letzten zwei Dekaden noch in Boxen bei sich zu Hause verstaut? Es werden viele sein, denn man kann es ja sicher irgendwann noch einmal brauchen. Unter dem Aspekt lässt sich Apples Entscheidung, die Verpackung und das mitgelieferte Zubehör zu reduzieren, durchaus verstehen. Nur mag der Vorrat an Netzsteckern mit USB-C deutlich geringer sein als an jenen mit USB-A. 

Als Lade-Alternative bietet Apple nun auch Mag-Safe, eine kabellose Option, die zusätzlich erhältliche Ausstattung benötigt.

Abgesehen von den Marketing-Funktionen ein gelungenes Device

Das iPhone 12 Pro ist definitiv den ersten und zweiten Blick wert. Wenn man nicht bereits das iPhone 11 sein Eigen nennt. 5G und der LiDAR-Sensor (für Augmented-Reality-Apps) sind derzeit wohl mehr Show. Dennoch, das neue Design weiß zu gefallen. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern der letzten Jahre ist das iPhone 12 Pro kein Handschmeichler. Das Gerät liegt dadurch deutlich besser in der Hand und lässt sich auch trotz der Größe leicht einhändig bedienen. Dass es aufgrund der seitlich angebrachten 5G-Sensoren zu einem neuerlichen Antenna-Gate kommen könnte, ist nach diesem Test auszuschließen. Es gab keine Verbindungsabbrüche, auch wenn man bewusst die Stelle bedeckt.

Die technischen Daten des iPhone 12 Pro

Mit dem aufgerufenen Preis von mehr als 1000 Euro ist das Apple-Handy wieder einmal kein Schnäppchen. Aber diese sind in der Liga sowieso nicht mehr vorhanden.Abmessungen: 146,7 mm x 71,5 mm x 7,4 mm
Displaydiagonale: 15,49 cm (6,10 Zoll) Super Retina XDR (Oled)
Auflösung: 1170 x 2532 Pixel (457 ppi)
Betriebssystem: iOS 14
CPU: Apple, Hexa-Core (64 Bit)
1. CPU: A14 Bionic
2. CPU: A14 Bionic
Speicher: 128, 256, 512 Gigabyte
SIM-Kartentyp: Nano-SIM
Hauptkamera: Triple-Kamera (Weitwinkel/Hauptkamera, Ultraweitwinkel und Tele): 12 MP + 12 MP + 12 MP
Front-Kamera: 12,0 Megapixel
Gewicht 187,0 g

Disclaimer

Das iPhone 12 Pro wurde uns für einen Testzeitraum von zwei Wochen von A1 zur Verfügung gestellt.

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