Epidemie

"Kritische" Situation in Spitälern, Anschober deutet mögliche Verschärfungen an

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Gesundheitsminister blickt mit Sorge auf die Zahl der Intensivbetten. Und spricht von Partys in Oberösterreich.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Samstag im Ö1-"Morgenjournal" eine mögliche weitere Verschärfung der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus angedeutet. Solche stehen demnach im Raum, sollten über 850 Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt sein. Aktuell hält man ungefähr bei der Hälfte, der tägliche Zuwachs in diesem Bereich war in jüngster Vergangenheit aber enorm. Auch in Wien bezeichnete man die Situation in Spitälern als „kritisch“.

„Nächste Woche weichenstellend"

Auch die Zahl der Neuinfektionen steigt weiter, am Samstag wurden erstmals über 8.000 neue Fälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet. Anschober (Grüne) betonte daraufhin in einer Aussendung, dass die nächste Woche weichenstellend werden wird. Auch erneuerte er seinen Appell, Kontakte drastisch zu verringern. Als besonders auffallend bezeichnete Anschober die "dramatisch hohe Zahl von 2.279 positiven Testungen" in Oberösterreich.

"Es war zu befürchten, dass in dieser Woche vor einer beginnenden Wirksamkeit des Teil-Lockdowns die Neuinfektionen weiter ansteigen werden. Im Lauf der kommenden Woche muss jedoch mit beginnender Wirksamkeit der gesetzten Maßnahmen die Stabilisierung gelingen", betonte Anschober. Steigen die Infektionszahlen auch kommende Woche weiter an, wird das Gesundheitssystem schrittweise an seine Grenzen stoßen, warnte Anschober. Deshalb brauche es nun eine Stabilisierung und die Mithilfe der gesamten Bevölkerung. Es müssen die Kontakte zumindest halbiert werden, Abstand eingehalten und Mund-Nasen-Schutz getragen werden.

Partys vor dem Lockdown?

Enorm stiegen die Corona-Infektionen in Oberösterreich, dem Heimat-Bundesland von Anschober. Dieser führt den Anstieg auch auf Partys zurück. "Heute war ich in Oberösterreich. Zig Personen haben erzählt, dass es am letzten Wochenende viele Partys gegeben habe, Motto: 'Einmal gehts noch vor dem Lockdown'. Ich weiss ja nicht, ob das stimmt. Falls es stimmt, ist das dramatisch. Denn das sehen wir heute in den Zahlen. Nicht nur in Oberösterreich“, schrieb Anschober auf Twitter.

Oberösterreich verzeichnete mit 2.252 Neuinfektionen heute einen neuen Höchstwert und den mit Abstand höchsten Wert im Bundesländervergleich. Damit verzeichnet Oberösterreich 27 Prozent aller Fälle bei einem gleichzeitigen Bevölkerungsanteil von rund 17 Prozent.

SPÖ: „Blindflug beenden"

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte unterdessen, die Bundesregierung müsse "ihren Blindflug im Corona-Krisenmanagement endlich beenden". Aktuell entscheide es sich, ob das Infektionsgeschehen eingedämmt werden kann oder nicht. Die Regierung handle aber erst, wenn "Feuer am Dach" sei, meinte die frühere Gesundheitsministerin in einer Presseaussendung. Nun sei es Zeit, unabhängige Experten ans ruder zu lassen. Diese müssten beurteilen, "ob die Maßnahmen der Bundesregierung ausreichen oder nicht".

Wenn nur noch ein Viertel der Corona-Fälle rückverfolgbar ist, "verdeutlicht das den Blindflug der Regierung", meinte die SPÖ-Vorsitzende. Das Monitoring einer unabhängigen Expertenkommission sei "unbedingt erforderlich, um evidenzbasiert Lockerungen und Anpassungen vorzunehmen und um für die Zeit nach dem Lockdown lernen zu können."

Lage in Wiener Spitälern „kritisch"

Als "durchaus kritisch" hat der Wiener Gesundheitsverbund angesichts kontinuierlich steigender Neuinfektionen die Lage in den Wiener Krankenhäusern bezeichnet. Wie die Sprecherin des Gesundheitsverbunds, Nina Brenner-Küng, mitteilte, waren im Bereich des Gesundheitsverbunds 531 Covid-19-Patienten in Spitalsbehandlung, davon 115 auf Intensivstationen.

Was die Intensivbetten betrifft, befand man sich damit am Wochenende noch in Stufe vier des sechsstufigen Plans zur Bewältigung der Krisensituation, der Kapazitäten für 150 Patienten mit intensivmedizinischem Betreuungsbedarf vorsieht. 35 Intensivbetten waren noch frei verfügbar. Da in jüngster Vergangenheit im Schnitt täglich zwei bis vier neue Patienten dazugekommen sind, war in diesem Bereich noch Luft nach oben gegeben.

Was die Normalbetten anlangt, musste dagegen auf Stufe fünf geschaltet werden. Die Kapazitäten von ursprünglich 400 vorhandenen Betten werden nun laufend auf 600 erhöht, sofern sich dafür Bedarf abzeichnet. "Wenn wir mehr Betten brauchen, werden wir mehr Betten schaffen", garantierte Brenner-Küng. Auch dank der Kooperationen mit den Ordens- und Privatspitälern müsse kein Patient befürchten, im Akutfall aus Kapazitätsgründen im Spital nicht versorgt zu werden.

Der Gesundheitsverbund hofft allerdings, dass die von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus wirken und eine Senkung der Infektionszahlen bewirken. Ende der kommenden Woche müsse in dieser Hinsicht eine "Besserung" eintreten, "ansonsten kann es auch in Wien sehr eng werden", sagte Brenner-Küng.

Oberösterreich stockt Betten auf

Auch in Oberösterreich, wo derzeit die meisten Neuinfektionen verzeichnet werden, war die Lage in den Spitälern sei angespannt. Laut dem Corona-Dashboard der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wurden am Samstag 659 Covid-19-Erkrankte in den oberösterreichischen Spitälern versorgt, 79 davon auf der Intensivstation. Aktuell verfügen die Häuser über 250 Intensivbetten, von denen 100 für Covid-19-Fälle reserviert sind. Kommende Woche gibt es eine Aufstockung um 50 Plätzen.

Die Konzentration gelte jetzt der Versorgung von akuten Krankheitsbildern, sei es Covid-19 oder anderen dringlich zu behandelnder Erkrankungen, hieß es vom Krisenstab des Landes. Somit würden Planleistungen an allen Krankenanstalten ab sofort verschoben werden, die Betroffenen werden diesbezüglich direkt von den Spitälern persönlich informiert.

(APA)

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