Naher Osten

Kein „Lieblingsdiktator“ mehr

Biden wird neue Akzente in Saudiarabien und Ägypten setzen. Bezüglich Iran wird er noch am ehesten auf Trump-Kurs bleiben.

Tunis. Donald Trump machte nie einen Hehl daraus, wen er im Nahen Osten für seine Freunde und wen er für seine Feinde hielt. Saudiarabien und seinem Königshaus erwies er 2017 die Ehre des ersten Auslandsbesuches als frisch gebackener US-Präsident. Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi pries er als „meinen Lieblingsdiktator“.

Dagegen überzog er Irans Regime mit einer Lawine von Sanktionen, wie sie in der Geschichte der internationalen Diplomatie bisher ohne Beispiel ist. Mit der Schwarz-Weiß-Sicht dürfte es unter Joe Biden vorbei sein.
An die Adresse Riads erklärte Biden bereits im Wahlkampf, er werde den „desaströsen Krieg“ Riads im Jemen nicht weiter unterstützen und „unsere Beziehung zu Saudiarabien neu bewerten“. Denn anders als Vorgänger Trump will Biden bei der Achtung der Menschenrechte und dem Umgang mit Dissidenten den Druck auf De-facto-Herrscher Mohammed bin Salman erhöhen.

Die Zustimmung des Kongresses, bei dem der 35-jährige Thronfolger in den letzten beiden Jahren viel Kredit verspielt hat, ist Biden dafür sicher. Für Ägyptens Herrscher Sisi dürften die Zeiten ungestörter Diktatur ebenfalls vorbei sein. Einen ersten Schuss vor den Bug erhielt der Ex-Feldmarschall Mitte Oktober durch einen offenen Brief von 56 Kongressabgeordneten, die Sisi aufforderten, sämtliche politische Gefangenen freizulassen. Biden erklärte mit Blick auf die jährliche US-Finanzhilfe von 1,3 Milliarden Dollar, Ägypten werde in Zukunft keine Blankoschecks mehr erhalten: „Nationen, die die Menschenrechte ihrer Bürger verletzen, werden wir zur Verantwortung ziehen.“

Anders als bei Saudiarabien und Ägypten wird Bidens Umgang mit dem Iran wohl eher auf der Trump-Linie bleiben, auch wenn der Wahlsieger den Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem Atomvertrag im Mai 2018 wieder rückgängig machen will. Er wolle die Atomfrage verknüpfen mit „Teherans unheilvollem Benehmen in der Region“. Denn Trumps Strategie des „maximalen Drucks“ zeigt einen Nebeneffekt, den auch Biden begrüßt. Sie schwächt die schiitischen Milizen, die als iranische Handlanger im Libanon, Syrien und Irak die Staatsautorität dieser Nationen aushöhlen. (m.g.)

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