Gesundheit

Covid und Psyche: "Situation belastender als noch im Frühling"

Momentaufnahme aus Athen am Dienstag, dem 10. November 2020, am vierten Tag des landesweiten dreiwoechigen Lockdowns, mi
Momentaufnahme aus Athen am Dienstag, dem 10. November 2020, am vierten Tag des landesweiten dreiwoechigen Lockdowns, miimago images/ANE Edition
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Längere Wartezeiten und mehr Anfragen an der Psychiatrie deuten auf eine gestiegene psychische Belastung hin. Das sei aber noch kein Grund zur Panik, sagen Experten der Innsbrucker Med-Uni.

Steigt die psychische Belastung durch die Coronapandemie? Längere Wartezeiten und mehr Anfragen an die Psychiatrie deuten darauf hin, genauso wie erste Erkenntnisse aus unterschiedlichen Forschungsprojekten, hieß es am Dienstag auf der Med-Uni Innsbruck. Rund ein Viertel der Bevölkerung könnte psychisch stärker belastet sein als vor der Krise. Dennoch warnten Experten der Med-Uni Innsbruck vor voreiligen Schlüssen, erste Beobachtungen würden keinen Anlass zur Panik geben.

"Jetzt ist die Situation belastender als noch im Frühling", gab Barbara Sperner-Unterweger, Direktorin der Universitätsklinik für Psychiatrie II bei einer Pressekonferenz am Dienstag zu Bedenken. Akute Krisen seien für den Menschen leichter bewältigbar als chronische Krisen. Psychischer Stress äußere sich unterschiedlich, etwa durch Anspannung, Unruhe, Schlafstörungen, Erschöpfung oder Antriebslosigkeit. "Das Wissen um psychische Reaktionen in der derzeitigen Krisensituation ist wertvoll für die Zukunft", sagte Sperner-Unterweger. Unterschiedliche Projekte der Med-Uni setzen sich jedenfalls derzeit mit der Frage nach den Auswirkungen der Pandemie auf die Psyche auseinander.

„Angst kein guter Motivator"

"Angst ist kein guter Motivator für den Umgang mit der Krise", hielt Sperner-Unterweger fest und verwies darauf, wie wichtig es sei, manchmal "Abstand von der Thematik zu nehmen und sich mit anderen Dingen zu beschäftigen". Der Anteil jener, die an einer ängstlich-depressiven Belastung leiden, würde zunehmen, stellte sie fest. Noch sei es aber zu früh für voreilige Schlüsse und Panik. "Erst in den nächsten Monaten und Jahren werden wir solide Erkenntnisse über die psychischen Folgen haben", pflichtete ihr Alex Hofer, Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie I, bei.

Dass die Coronapandemie belastend sei, ergab auch eine repräsentative Online-Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) unter 1.005 Teilnehmern, die von Ende September bis Anfang Oktober im Auftrag der Wiener Städtischen Versicherung durchgeführt wurde. Für 43 Prozent stellte das Coronavirus und die daraufhin ergriffenen politischen Maßnahmen eine sehr starke bzw. starke Belastung dar. Bei zwei Drittel habe der psychische Stress nach Ende des ersten Lockdowns aber wieder abgenommen.

Mehr als die Hälfte wollen impfen gehen

"Die Angst vor einer Pandemie und die Angst um die eigene Gesundheit stehen ganz oben auf der Sorgenliste", betonte Studienautorin Ursula Swoboda von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Das sehe man auch in der Impfbereitschaft, wo 54 Prozent angaben, sich gegen das Coronavirus impfen lassen zu wollen. Über ein Drittel (37 Prozent) möchte dies sogar im ersten Monat tun, nachdem ein Impfstoff zur Verfügung steht.

Prävention und niederschwellige Hilfe seien wichtig, sind sich Experten einig. Aus diesem Grund wurde an der Med-Uni Innsbruck 1. Mai eine Plattform geschaffen, die aus psychiatrisch-psychosomatischer Sicht Anregungen für einen besseren Umgang mit der Krise gibt. Auf einer Website können User zwischen 19 Themenbereichen wählen, beispielsweise „Ängste und Sorgen“, „Stress“ oder „Schlafstörungen“. In der kürzlich finalisierten, zweiten Version kann man eine Selbstevaluierung durchführen, die aufzeigt, welche Bereiche am relevantesten sind. Seit Beginn verzeichnete die Plattform bereits über 30.000 Zugriffe auf die Videos, berichtete Sperner-Unterweger. An einer dritten Version werde bereits gearbeitet, zudem würden die Daten nun auch wissenschaftlich ausgearbeitet.

(APA)

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