Verflechtungen

Muslimbrüder-Razzia: Zwei Immobilienfirmen im Mittelpunkt

Bei der "Operation Luxor" standen auch Immobilienfirmen im Visier der Ermittler.
Bei der "Operation Luxor" standen auch Immobilienfirmen im Visier der Ermittler.APA/ERWIN SCHERIAU
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Die Ermittlungen berufen sich auf zwei Gutachten und einer Studie von polarisierenden Autoren. Es wurden 130 Konten und Liegenschaften im Wert von 25 Mio. Euro eingefroren.

Nach den Razzien am Montag zeichnet sich nun ab, in welche Richtung die Ermittler gesucht haben. Ein besonders wichtiger Strang dabei sind zwei Immobilienfirmen mit Sitz in Wien, um die sich ein ganzes Firmengeflecht rankt. Im Zentrum steht ein ehemaliges Schuraratmitglied der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), der mit seinem Bruder auch die Islamische Liga Kultur mitbegründet hatte. Die Liga, die als Ableger der Muslimbrüder gilt, war mit ihren Niederlassungen in Wien und Graz ebenso Ziel der Razzien, wie das Firmengeflecht rund um die beiden Brüder. Einer der beiden war außerdem Vorstand der Islamisch Religionspädagogischen Akademie (IRPA), in der Religionslehrer ausgebildet werden.

Sieht man sich das Firmengeflecht näher an – und gleicht die handelnden Protagonisten in Datenbanken ab, fällt erstens auf, dass es immer dieselben sind. Und zweitens, dass die eigentlichen, wirtschaftlichen Eigentümer auch im Ausland zu finden sind. Im Falle der Brigittenauer-Immobilienfirma ist das etwa ein Sultan aus Katar. Dass Katar die Muslimbruderschaft auf der ganzen Welt finanziert ist bekannt. Ob das auch in diesem Fall so war, werden die Ermittlungen zeigen.

Eingefrorenes Vermögen

Jedenfalls wurden unter anderem von diesen beiden Firmen Vermögen in Form von Immobilien, Häusern und Grundstücken eingefroren. Diese Maßnahme wurde auch über andere Vereinen, Stiftungen und Privatpersonen verhängt. Insgesamt wurden 34 Liegenschaften im Wert von 25 Millionen Euro eingefroren. Das heißt, dass sich der Staat Österreich mit einem Veräußerungsverbot ins Grundbuch schreibt – benutzen kann man die Immobilien aber weiterhin.

Bargeld wurde in der Höhe von 200.000 Euro sichergestellt – und dazu wurden 130 Konten eingefroren. Alle Bewegungen werden nun auf den Verdacht der möglichen Terrorfinanzierung geprüft. Bis dahin haben die Betroffenen keinen Zugriff.

Eine weitere Organisation, die gestürmt wurde, ist eine Hilfsorganisation.  Die Wohltätigkeitsorganisation mit Sitz im 14. Bezirk sammelt offiziell Hilfsgüter für Kinder in Palästina, Libanon, Jemen und anderen mehrheitlich muslimischen Ländern. Auf ihrer Homepage finden sich etliche Fotos der Aktionen. Die Staatsanwaltschaft vermutet offenbar, dass über die Hilfsorganisation auch Geld an bewaffnete Gruppen in Krisengebeiten geschleust worden sein könnte.

Abhörprotokolle und Verdacht der Terror-Finanzierung

Auch eine Betreiberin von zwei Vereinen ist ins Visier der Ermittler geraten. Es handelt sich um eine Witwe libanesischer Abstammung, die die österreichische Staatsbürgerschaft hat. Ihre Vereine verfolgen den Zweck, Frauen muslimischen Glaubens zu unterstützen, etwa bei Behördenwegen oder bei der Jobsuche.

Laut Abhörprotokollen führte die Frau Telefonate mit Personen, die von den Ermittlern der Muslimbruderschaft bzw. der Terrororganisation Hamas zugeordnet werden. So wurde die nunmehrige Verdächtige etwa von einem Anrufer gefragt, ob sie „das Geld“ bekommen habe. Sie verneinte. Aus dem Gesprächsverlauf ergibt sich, dass es um ein paar Tausend Euro ging. Bei Durchsuchungen der Vereine und der Wohnung der Frau wurden 4000 US-Dollar gefunden. Ermittler verdächtigen die Frau der möglichen Terrorismus-Finanzierung.

Auf Befragen der „Presse“ meinte der Anwalt der Frau, Andreas Schweitzer, dass die Ermittlungen, die im Vorfeld der Razzia geführt wurden, keinerlei Beweise für Terrorismus-Finanzierung erbracht hätten. Bei diesem Vorwurf handle es sich „um bloße Vermutungen“ der Polizei. Seine Klientin habe auch gar nicht gewusst, dass es sich bei ihren Kontaktleuten um Angehörige der Muslimbruderschaft handelte.
Die Staatsanwaltschaft beruft sich für ihre Ermittlungen übrigens vielfach auf eine Studie von Lorenzo Vidino, die er 2017 zu den Muslimbrüdern veröffentlichte und die kritisiert wurde. Weiters berufen sich Staatsanwaltschaft und Ermittler auf zwei Gutachten von einem - ebenfalls viel kritisierten Autorenduo - die etliche Texte zum Politischen Islam veröffentlicht haben. Sie polarisieren in der Szene.

Prominente Namen mit Nähe zur IGGÖ

Es sind auch einige prominente Namen bzw. Einrichtungen aufgetaucht, die in den Fokus der Polizei geraten sind. Auch - ehemalige - Funktionäre der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) befinden sich darunter.

So ist etwa die Stiftung des ehemaligen IGGÖ-Präsidenten Anas Schakfeh in den Fokus der Ermittler geraten. Der Namensgeber der Stiftung weist Verbindungen zur Muslimbruderschaft allerdings zurück: "Ich kann absolut ausschließen, dass es Verbindungen zur Muslimbruderschaft oder irgendeiner anderen politischen Organisation gibt", sagt er im Gespräch mit der "Presse". Er selbst sei nicht befragt worden - und von der Durchsuchung der Räumlichkeiten in Wien-Liesing habe er zwar erfahren, wisse jedoch nicht mehr darüber.

Das Programm der Stiftung sei öffentlich, jeder könne die Veranstaltungen, die man organisiert habe, nachschauen. „Wir haben mit dem politischen Islam null zu tun“, so Schakfeh - auch personell gebe es keine Verbindungen: „Die Vorsitzende des Beirats ist Frau Prof. Heine, eine evangelische Theologin, weitere Mitglieder des Beirats sind Ex-Minister Werner Fasslabend oder Kurt Scholz, der ehemalige Stadtschulratspräsident. Wenn die Islamisten sind, dann…"

Politologe mit Schwerpunkt Islamophobieforschung

Allerdings arbeitet ein Politologe mit Schwerpunkt Islamophobieforschung, der im Rahmen der Razzia als Beschuldigter geführt wird, in der Stiftung. Schakfeh meint jedoch, der habe keine Funktion in der Stiftung. „Er kommt immer wieder und arbeitet dort an seinem Programm. Das ist sein Kontakt mit der Stiftung.“ Eine Anfrage der „Presse“ an den Politologen blieb bislang unbeantwortet. „Die Presse“ erfuhr außerdem, dass auch Personen rund um die Führung des Islamischen Friedhofs in Wien von den Razzien betroffen waren.

Noch kein Kontakt der Behörden zur IGGÖ

In der IGGÖ selbst gibt man sich noch abwartend: „Der IGGÖ liegen im Zusammenhang mit den Razzien von Montag lediglich Medienberichte vor. Es kursieren zwar viele Namen und Gerüchte zu betroffenen Personen und Einrichtungen. Eine unmittelbare Kontaktaufnahme und Information seitens der Behörden mit der Glaubensgemeinschaft ist allerdings nicht erfolgt“, so eine Sprecherin zur „Presse".

Daher könne man sich auch nicht zu den laufenden Ermittlungen nicht äußern. Sobald die Behörden Evidenzen vorlegen, werde man aber der „Verantwortung als Religionsgesellschaft nachkommen und entsprechend darauf reagieren".

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