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Angriff zum Abschied? Trump erkundigte sich nach Möglichkeiten für Schlag gegen Iran

U.S. President Trump delivers update on so-called Operation Warp Speed coronavirus treatment program in televised address from the Rose Garden at the White House in Washington
U.S. President Trump delivers update on so-called Operation Warp Speed coronavirus treatment program in televised address from the Rose Garden at the White House in WashingtonREUTERS
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Der aus dem Amt scheidende US-Präsident habe vergangene Woche überlegt, Iran anzugreifen, heißt es. Seine Berater hätten ihm davon aber abgeraten.

Es war ein Treffen im Oval Office am Donnerstag, berichten die „New York Times“. US-Präsident Trump, in der Woche davor bei der Wahl seinem demokratischen Herausforderer, Joe Biden, unterlegen, hatte seine engsten Berater bei sich. Einen Tag zuvor war ein Bericht der Internationalen Atomenergieorganisation veröffentlicht worden: der Iran besitze mehr leicht angereichertes Uran als nach dem Internationalen Atomabkommen von 2015 erlaubt. Ob er die Möglichkeit habe, in den kommenden Wochen gegen Irans wichtigsten Atom-Standort vorzugehen?

Das fragte Trump dem Bericht zufolge unter anderem Vizepräsident Mike Pence und den Außenminister der USA, Mike Pompeo. Seine Berater, darunter auch Generalstabschef Mark Milley, rieten dem Präsidenten von einem militärischen Angriff ab und warnten vor einer Eskalation des Konflikts in den letzten Wochen seiner Präsidentschaft. Den „New York Times“ zufolge wäre das wahrscheinlichste Ziel eines solchen Angriffs die Atomanlage Natanz, wo „zwölf Mal so viel Uran lagert als erlaubt“.

Schweres Erbe für Biden

Pompeo und Milley sollen dem Bericht zufolge die potenziellen Gefahren einer militärischen Eskalation erläutert haben. Das Treffen mit dem Präsidenten sollen die Berater mit der Einstellung verlassen haben, dass ein militärischer Angriff vom Tisch sei, so die US-Zeitung. Möglicherweise denke der Präsident aber daran, andere iranische Ziele anzugreifen - auch Verbündete im Irak.

Ein Schlag gegen den Iran würde nicht gut bei Trumps Anhängern ankommen, die US-amerikanische Interventionen im Nahen Osten kritisch sehen. Dafür aber würde er aber möglicherweise das USA-Iran-Verhältnis derart erschüttern, dass Trumps Nachfolger, Biden, kaum Chancen auf eine Wiederaufnahme des Atom-Deals hätte - so, wie Biden es versprochen hat.

USA aus Atomabkommen ausgetreten

Die USA waren 2018 einseitig aus dem drei Jahre davor in Wien geschlossenen Abkommen ausgetreten und haben seither zahlreiche Sanktionen gegen Iran verhängt, welche die Wirtschaft Irans belasten. Im Gegenzug hat Teheran begonnen, immer mehr Bestimmungen des Abkommen zu missachten.

Die verbliebenen Vertragspartner, darunter Großbritannien, Frankreich und Deutschland, hoffen nach dem Wahlsieg Bidens auf einen neuen diplomatischen Anlauf im Atomkonflikt mit Iran. Biden soll sein Amt am 20. Jänner antreten. Der scheidende Amtsinhaber Trump hatte jedoch angekündigt, die Maßnahmen gegen den Iran zu verstärken. Kritiker sehen darin einen Versuch, eine "Mauer aus Sanktionen" gegen das Land zu errichten, die Biden nur mit Mühe wieder einreißen könnte.

Trump hat seine Niederlage gegen Biden bisher nicht eingestanden und spricht ohne Belege von angeblichem Wahlbetrug. Er verweigert dem Team Bidens auch den Zugang zu Regierungsinformationen, darunter Geheimdienstbriefings, die als essenziell für einen reibungslosen Machtwechsel angesehen werden.

Weitere Truppenabzüge vor Machtübergabe

Präsident Trump will vor dem Ende seiner Amtszeit im Jänner außerdem weitere US-Soldaten nach Hause holen. Kommandanten bereiteten sich auf einen Befehl vor, die Zahl der Soldaten in Afghanistan bis zum 15. Jänner von derzeit rund 4500 auf etwa 2500 zu reduzieren, berichteten mehrere US-Medien am Montag. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht. Führende Republikaner und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnten vor vorschnellen Aktionen.

Der Krieg in Afghanistan ist der längste in der Geschichte der USA. Seit 2001 sind amerikanische Soldaten in dem Krisenstaat. Nach den Anschlägen vom 11. September jenes Jahres waren von den USA angeführte Truppen dort einmarschiert. Seit fast zwei Jahrzehnten kämpfen Islamisten in Afghanistan für den Abzug der internationalen Truppen.

Den Berichten zufolge wird erwartet, dass Trump auch weitere Einschnitte bei den Soldaten im Irak befehligen dürfte. Dort sind nach CNN-Angaben noch 3000 US-Soldaten im Einsatz. Trump hatte bereits im September eine Reduzierung der dortigen Truppenstärke von 5200 auf 2000 Mann in Aussicht gestellt. Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf einen Entwurf der Anordnung, dass zudem fast alle der mehr als 700 in Somalia stationierten Soldaten das Land verlassen sollten.

Warnungen vor einem voreiligen Rückzug aus dem Land sprachen auch führende Politiker von Trumps Republikanern im US-Kongress aus. "Ein rascher Abzug der US-Streitkräfte aus Afghanistan würde unseren Verbündeten schaden und den Menschen gefallen, die uns Unheil wünschen", erklärte der Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell. Er zog diesbezüglich sogar einen Vergleich mit dem überstürzten US-Abzug aus Saigon im Vietnamkrieg 1975.

(APA/AFP/dpa/Red.)

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