Coronavirus

Regierung auf Werbetour für den Massentest

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) holt sich Unterstützung bei den Sozialpartnern für seine Teststrategie. Das Bundesheer könnte 2000 Teststraßen aufbauen und mit bis zu 8000 Soldaten im Einsatz sein.

Noch immer ist offen, welche Strategie die Regierung mit den angekündigten Massentests verfolgt. Details dazu sollen Ende der Woche bekannt gegeben werden. Aber Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wirbt schon um breite Unterstützung für sein Vorhaben. Am Mittwoch lud er die Spitzen der Sozialpartner und der Ärztekammer zu sich. Der fachlich zuständige Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) war nicht dabei, er gilt ebenso wie so manche Fachleute (siehe Interview links) eher als Skeptiker, was die Sinnhaftigkeit der Tests angeht.

Im Kanzleramt spricht man von einer positiven ersten Gesprächsrunde und ist von dem Vorhaben weiterhin überzeugt. Dieses sei bei den Experten und Wissenschaftern auf breite Unterstützung gestoßen. Nun sollen weitere Detailarbeiten durchgeführt werden. Die kostenlosen und freiwilligen Massentestungen sollen begleitend zu den geplanten Lockerungsschritten nach dem Lockdown wie etwa Schulöffnungen stattfinden und zum anderen dazu beitragen, dass in Vorbereitung auf Weihnachten und auf die Zeit danach das Infektionsgeschehen weiter reduziert wird. Dadurch soll es möglich werden, dass die Bevölkerung zumindest im kleinen Kreis das Weihnachtsfest feiern kann und ein weiterer Lockdown im neuen Jahr verhindert wird. Vor allem einkommensschwächere Familien sollen von der Gratis-Testung profitieren, betonte das Bundeskanzleramt.

8000 Soldaten im Einsatz?

Wie das Vorhaben organisatorisch umgesetzt werden soll, ist noch nicht bekannt, aber vermutlich wird nach dem Vorbild der Slowakei das Bundesheer eine bedeutende Rolle spielen. Die „Kleine Zeitung“ berichtete, dass bis zu 8000 Soldaten aufgeboten und 2000 Teststraßen errichtet werden sollen. Es werde mit vier Millionen Freiwilligen gerechnet, die sich einem Antigen-Schnelltest unterziehen. Die erste Testreihe ist demnach rund um den 6. Dezember geplant. Dabei sollen laut der Zeitung 200.000 Personen – vorwiegend aus dem Bildungs- und Gesundheitsbereich – getestet werden. Der große Massentest soll kurz vor Weihnachten stattfinden. Bestätigt wurden diese Details zunächst nicht.

Auf positive Resonanz stoßen die Pläne des Kanzlers in der linken Reichshälfte: Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl bezeichnete die Massentests als „sicher eine sehr gute Sache“. Allerdings seien auch noch viele Fragen offen, etwa jene nach den personellen Ressourcen. Auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian hält die Tests für sinnvoll, wenn sie regelmäßig durchgeführt werden. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erklärte, absolut notwendig seien regelmäßige Schwerpunkttestungen im Gesundheitswesen, an den Schulen und in den Pflegeheimen. Ein Massentest müsse nach fünf bis zehn Tagen mindestens einmal wiederholt werden. Rendi-Wagner vermisst aber eine Strategie hinter den Ankündigungen des Kanzlers. (maf/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2020)

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