2021 geht es wieder aufwärts – wenn auch schwächer als gedacht

Prognose. Das kommende Jahr bringt Erholung. Der dritte Lockdown macht dabei allerdings Negativ-Szenarien wahr.

Wien. Wohl noch selten wurde eine Konjunkturprognose von Wifo und IHS so schnell von der Realität eingeholt wie am Freitagvormittag. In einer Online-Präsentation waren IHS-Chef Martin Kocher und Wifo-Chef Christoph Badelt gerade dabei, die Einschätzungen ihrer Institute für das kommende Jahr zu präsentieren. Ohnehin bereits ein schwieriges Unterfangen, da die „wirtschaftliche Entwicklung den Infektionszahlen folgt“, wie Kocher erklärt. Und die Pandemie „wirtschaftlich und gesundheitlich“ zu einer schwer vorhersehbaren „Wellenfunktion“ geworden sei. Sein Institut rechnet dennoch mit einem Wachstum von 3,1 Prozent im kommenden Jahr, nach einem Minus von 7,5 Prozent heuer. Das Wifo hat diesmal sogar nicht nur eine Prognose vorbereitet, sondern zwei: ohne dritten Lockdown solle es ein kräftiges Plus von 4,5 Prozent geben, mit Lockdown werde sich das auf 2,5 Prozent Zuwachs verringern.

Während die Wirtschaftsforscher also gerade noch dabei sind, über mögliche Szenarien zu sprechen, machen die ersten konkreten Meldungen über einen dritten Lockdown bis Mitte Jänner die Runde. Die Realität werde nun wohl eher beim Lockdown-Szenario liegen, so Badelt. Wiewohl dieses in der Annahme noch ein wenig härter ist (vierwöchiger Lockdown im für den Tourismus wichtigen Februar). Kocher erklärt in einer ersten Reaktion, dass der neuerliche Lockdown definitiv zu spüren sein wird. Dass sich dadurch die IHS-Jahresprognose stark verändert, glaubt er aber nicht. Denn sollte der Lockdown sein Ziel erfüllen, könnte es danach wieder mehr wirtschaftliche Aktivität und somit eine stärkere Erholung geben.

Tourismus und Handel

Klar ist, dass jene Branchen, die schon seit März 2020 durch die Einschränkungen am stärksten betroffen sind, auch unter dem dritten Lockdown am meisten leiden werden – allen voran der Tourismus. Im Jahr 2020 gab es laut Wifo hier in Summe einen Rückgang von 37 Prozent bei den Nächtigungszahlen. In der aktuellen Wintersaison sehe die Situation jedoch noch wesentlich düsterer aus. So ist das Weihnachtsgeschäft bereits vollkommen ausgefallen. Und auch wenn Hotels und Restaurants ab Mitte Jänner wieder Gäste empfangen dürfen, werden es aufgrund der Reisewarnungen vor allem Inländer sein, erwarten die Ökonomen. In Summe prognostizieren sie ein Minus von 70 Prozent für den Wintertourismus. Auf die Arbeitslosigkeit werden die Auswirkungen jedoch deutlich geringer sein, weil die nun nicht gebrauchten Saisonkräfte vor allem aus dem Ausland kommen.

Beim Handel wurde das wichtige Weihnachtsgeschäft durch die Öffnung im Dezember teilweise gerettet. Und auch wenn der Abverkauf heuer erst zeitverzögert starten kann, dürfen sich die Händler die Hoffnung auf Nachziehkäufe machen. Jedenfalls steigen werde durch den dritten Lockdown die Zahl der Handelsangestellten in Kurzarbeit, sind sich die Ökonomen sicher.

Industrie

Die gute Nachricht in den Prognosen ist, dass die Industrie – anders als im Frühjahr – bereits beim zweiten Lockdown weitgehend normal weiterproduzieren konnte. Internationale Wertschöpfungsketten seien von den nationalen Schließungen inzwischen weitgehend unberührt, heißt es. Das führte dazu, dass der zweite Lockdown auch für die gesamte Volkswirtschaft wesentlich leichter zu verdauen war. Und das sollte auch beim dritten nun so sein. Geholfen haben hierbei laut Badelt und Kocher auch die staatlichen Hilfen – etwa die Investitionsprämie. Sie führten dazu, dass die Investitionen 2020 nur um fünf Prozent zurückgegangen sind.

Privater Konsum

Mit einem Minus von 8,3 Prozent deutlich kräftiger zurückgegangen ist im Jahr 2020 der private Konsum. Einerseits, weil es aufgrund von geschlossenen Geschäften und Gasthäusern gar nicht die Möglichkeit zum Konsum gab. Andererseits, weil die Menschen vorsichtiger beim Geldausgeben waren und manche aufgrund von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit auch weniger verfügbares Einkommen hatten.

In Summe ist heuer jedoch die Sparquote deutlich angestiegen, auf über 14 Prozent, so Kocher. Und das führte dazu, dass sich die Österreicher rund zehn Milliarden Euro auf die hohe Kante legen konnten. Dieses Geld ist auch die große Hoffnung für das Jahr 2021. Dann soll der Konsum nämlich wieder um sechs Prozent wachsen und so die Erholung der Volkswirtschaft maßgeblich unterstützen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2020)

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