Analyse

Nach einem Katastrophenjahr steht Gazprom nun vor einem völlig neuen Großproblem

Nord Stream 2 ist 2020 endgültig zum Inbegriff des verkorksten Verhältnisses zwischen dem Gaskonzern und Europa geworden (Archivbild).
Nord Stream 2 ist 2020 endgültig zum Inbegriff des verkorksten Verhältnisses zwischen dem Gaskonzern und Europa geworden (Archivbild).(c) APA/dpa-Zentralbild/Jens Büttner
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Nord Stream 2, Strafzahlungen, Preisverfall – für den weltgrößten Gaskonzern war 2020 auf seinem Hauptmarkt Europa ein Desaster. Immerhin zum Teil bessert sich die Lage. Dafür wird es nun ganz wo anders eng und brenzlig.

Moskau/Wien. Dass ein Schiff, das Pipeline-Rohre verlegt, zum Symbol für die Unbeständigkeit unternehmerischen Erfolgs werden würde, hätte man so beim russischen Gaskonzern Gazprom wohl nicht geahnt. Fortuna nämlich – schon bei den Römern der Begriff für das wechselhafte Schicksal – heißt der russische Lastkahn, der die umstrittene Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 fertigstellen soll. Und nach wie vor ist offen, ob er am Ende die noch fehlenden gut 100 Pipeline-Kilometer auch bauen kann. Mitte Jänner soll Fortuna in den dänischen Gewässern weitermachen. Aber die USA, die die Arbeiten schon das ganze Jahr 2020 über mit angedrohten Sanktionen behindert hatten, haben weitere Sanktionen in petto, damit die europäischen Verbündeten von Gazprom das Projekt stoppen.

Noch immer ist also nicht auszuschließen, dass Gazprom seinen Hälfteanteil von etwa fünf Milliarden Euro an den Gesamtkosten für das fast fertige Projekt in den Sand gesetzt hat – und die fünf europäischen Co-Financiers, darunter die OMV, den ihren ebenso. Für Gazprom würde 2020 damit zu einem der dunkelsten Jahre in der Unternehmensgeschichte. Zwar braucht man die neue Pipeline nicht zwingend, um die Nachfrage in Gazproms Hauptmarkt Europa als größter Lieferant zu bedienen. Aber zum Imageschaden und zum versenkten Geld käme doch auch eine negative Langzeitwirkung, wie Konstantin Simonow, Chef der Moskauer Stiftung für Nationale Energiesicherheit, im Gespräch mit der „Presse“ erklärt: Das Gas aus den neuen Förderstätten auf der Halbinsel Jamal im Arktischen Ozean hätte einen um 2000 Kilometer längeren Weg und würde entsprechend teurer, wenn es nicht durch die Ostsee, sondern durch die Ukraine in den Westen fließen würde.

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