Thailand

43 Jahre Haft wegen Majestätsbeleidigung

REUTERS
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Eine 65-Jährige soll Videos mit Monarchie-kritischen Inhalten verbreitet haben. Wegen ihres Geständnisses wurde die anfängliche Strafdrohung sogar noch halbiert. Thailands Schutzrecht zugunsten des Königshauses ist drakonisch und vor allem im Ausland umstritten.

In Thailand ist am Dienstag eine 65-jährige Frau wegen Majestätsbeleidigung zu sagenhaften 43 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Es ist die höchste bisher unter diesem Vorwurf verhängte Strafe, meldeten die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf das thailändische  Internetportal "Khaosod" am Dienstag.

Der Thailänderin war vorgeworfen worden, sie habe im Internet Videos mit kritischen Inhalten zur Monarchie verbreitet. Das Strafgericht hatte sie deshalb zunächst zu einer Haftstrafe von sogar 87 Jahren verurteilt. Die Strafe wurde aufgrund des Schuldbekenntnisses der Frau halbiert. Presseberichten zufolge hat sie bereits Berufung eingelegt.

In der südostasiatischen Monarchie mit ihren rund 67 Millionen Einwohnern gilt ein absurd strenges Schutzrecht zugunsten des Königshauses, das in milderer Form sogar ausländische Monarchen und Staatschefs schützt. Paragraf 112 des Strafgesetzbuches, unter dem Kritik am Königshaus verfolgt werden kann, sieht zwischen drei bis 15 Jahren Haft vor - und das auch noch pro als solchem befundenem Delikt, wodurch auch viel höhere Strafen verhängt werden können. 2017 etwa fasste ein Mann 35 Jahre Haft aus.

Lange Haftstrafen in Thailand werden bisweilen aufgrund der harten Haftumstände dort als „gleichbeutend mit Todesurteilen" bezeichnet. 

Angeklagte war in der Verwaltung tätig

Laut Bericht von Khaosod sei die Frau mit dem Namen Anchan Preelert einst als Verwaltungsbedienstete im Dienst der Regierung gestanden. Sie war schon 2015 festgenommen worden und soll in 26 Fällen Audioclips auf Youtube sowie drei Videos auf Facebook hochgeladen haben, die den damaligen König Bhumibol Adulyadej (Herrschaft 1946 - 2016) und seinen Sohn Maha Vajiarolongkorn, den damaligen Kronprinzen und jetzigen Herrscher, kritisiert hatten. Die Aufnahmen stammten von einem bekannten Monarchiekritiker, der speziell zur Zeit des Militärputsches 2014 aktiv war. Er soll derzeit in einem Gefängnis einsitzen.

Die nun Verurteilte hatte schon drei Jahre und neun Monate lang im Gefängnis auf ihren Prozess gewartet. Sie war 2018 vorübergehend auf Kaution freigekommen.

Das extrem strenge Gesetz gegen Majestätsbeleidigung wurzelt schon im Beginn des 19. Jahrhunderts und wurde 1908 in einem nach kontinentaleuropäischem Vorbild verfassten Strafgesetzbuch kodifiziert. Die Strafdrohung wurde mit der Zeit erhöht, von drei über sieben bis heute besagten 15 Jahren pro Einzeldelikt, wobei die letzte Erhöhung des Strafrahmens 1976 stattgefunden hat.

Juristischen Datenplattformen zufolge gab es 1990 bis 2005 im Schnitt etwa fünf solcher Verfahren pro Jahr, danach eine wahre Explosion, was primr mit dem Militärputsch 2006 begründet wird. 2007 waren es demnach 36 Verfahren, 2009 schon 104, 2012 wieder „nur" 25, aber 2015 gleich 116.

Die Verfahren weichen von westlichen Prozessregeln und Fairness-Vorstellungen deutlich ab, wobei Ermittler und Richter aufgrund ihrer eigenen Treuepflichten zum König selten zugunsten des Verdächtigen agieren (etwa was die Suche nach und Verwertung von Entlastungsgründen betrifft) bzw. zu agieren wagen.

Politische Waffe unter Privaten und Politikern

Verkompliziert wird die Sache nicht zuletzt dadurch, dass der Vorwurf der Beleidigung des Königs oder des Königshauses in der Regel nicht durch diesen selbst, sondern durch Privatleute und Behörden erhoben wird. In ersterem Fall werden solche Vorwürfe und die folgenden Verfahren vom jeweiligen Initiator gerne ausgenützt, um missliebige Personen schwer in die Bredouille zu bringen, nicht zuletzt im Rahmen der Politik.

Seit 2018 wurden allerdings keine neuen Anklagen dieser Form gezählt. Das liegt laut Anwälten in Weisungen, wonach nur noch der Generalstaatsanwalt Anklage erheben kann und andere Staatsanwaltschaften zuvor Anzeigen zurücklegen sollen, wenn die Verfahren als nicht im öffentlichen Interesse liegend gelten.

(APA/red.)

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