Lkw-Unfälle

Gefahr im toten Winkel

Was wurde aus der Debatte um Abbiegeassistent und Sicherheit? Sehr wenig, kritisiert das KFV.

Wien. Am Sonntag jährt sich der folgenschwere Unfall, bei dem in Wien ein neunjähriger Bub von einem rechts abbiegenden Lkw überfahren und getötet wurde, zum zweiten Mal. Dieser Unfall hat eine Debatte um Sicherheit und verpflichtende Assistenzsysteme für Lkw ausgelöst, inklusive viel beachteter Petition und Sicherheitsgipfel im Nationalrat.

Was ist seither geschehen? Viel zu wenig, sagt Klaus Robatsch, der Leiter der Verkehrssicherheitsforschung im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV). Nach wie vor haben Unfälle mit Lkw oft schwerste Folgen. Erst vorigen Mittwoch wurde in Graz ein Neunjähriger von einem rechts abbiegenden Kastenwagen schwer verletzt.

Die Forderung, dass Lkw, die in Städte einfahren, mit Assistenzsystemen ausgerüstet werden müssen, konnte bisher nicht umgesetzt werden. Die EU sieht eine verpflichtende Ausstattung neuer Lkw-Modelle ab 2022 bzw. aller neu zugelassenen Lkw ab 2024 vor. Das bedeute, dass noch lang Lkw ohne Tote-Winkel-Warner oder Assistenzsystem, das automatisch abbremst, unterwegs sein werden, kritisiert Robatsch. Auch die Förderungen für freiwilliges Nachrüsten seien zu wenig ausgeschöpft worden. Dabei weisen Studien nach, dass sich selbst mit einfachen Warnsystemen 43 Prozent der Abbiege-Unfälle verhindern ließen.

Noch einfacher wären Präventionsmaßnahmen in Sachen Bewusstseinsbildung oder in der Infrastruktur umzusetzen, so Robatsch: etwa vorgezogene Haltelinien für Radfahrer, Bevorrangung von Radfahrern bei Kreuzungen, bessere Sichtverhältnisse an Kreuzungen oder getrennte Ampelphasen, damit sich Fußgänger, Radfahrer und abbiegende Lkw nicht zeitgleich in Bewegung setzen.

Das alles wäre leicht umzusetzen, sagt Robatsch – wäre der politische Wille da. „Bisher hat der ungehinderte Verkehrsfluss oft Priorität vor Sicherheit.“ (cim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2021)

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