Medien

Ukraine: Selenskij verbietet prorussische Fernsehsender

Die Sender galten als Sprachrohr der Nachfolgepartei von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch. Politischer Konkurrenzdruck für Präsident Selenskij nimmt zu.

Mit einem beispiellosen Erlass hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij drei oppositionelle Nachrichtensender verbieten lassen. Das Verbot sieht unter anderem den Entzug der Sendelizenzen, von TV-Frequenzen und die Sperre von Konten für vorerst fünf Jahre vor, wie das Präsidentenbüro in der Nacht auf Mittwoch mitteilte. Die Abschaltung der Sender ZIK, NewsOne und 112 erfolgte in der Hauptstadt Kiew sofort.

Der Schritt wurde mit einer angeblichen Gefährdung der nationalen
Sicherheit und Verbreitung von russischer Propaganda begründet. Die
Sender bezeichneten das Verbot in einer gemeinsamen Erklärung als
"Abrechnung mit unbequemen Medien".

Die Kanäle galten in der Ukraine als Sprachrohr der im Osten und
Süden das Landes verankerten prorussischen Partei
"Oppositionsplattform für das Leben". Zwei jüngsten Umfragen zufolge
könnte die bisher nur zweitstärkste Partei bei Parlamentswahlen mit
den meisten Stimmen rechnen.

Amtsenthebungsverfahren in Planung

Mit dem Erlass wurde eine Entscheidung des Nationalen
Sicherheitsrats umgesetzt. Ihm gehören neben Selenskij auch
Vertreter von Justiz und Geheimdiensten sowie Regierungsmitglieder
an. Die Ukraine galt bisher unter den ehemaligen Sowjetrepubliken
als relativ liberal bei Presse- und Meinungsfreiheit.

Der Chef des ukrainischen Journalistenverbandes, Nikolaj
Tomilenko, sprach von einer "Informationsbombe": "Der Entzug des
Zugangs zu ukrainischen Medien für ein Millionenpublikum ohne
Gericht (...) ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit." Die
Oppositionsplattform kündigte unterdessen den Beginn eines
Amtsenthebungsverfahrens gegen Selenskij an. Die Partei verfügt
allerdings nur über 44 der notwendigen 226 Sitze im Parlament, um
ein solches Verfahren einzuleiten. Beobachter halten den Versuch
daher für aussichtslos.

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