ORF-Inhalte sollen teilweise nur mehr für GIS-Zahler streambar sein

(c) Die Presse/Clemens Fabry
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Wesentliche Inhalte des geplanten ORF-Players sollen hinter einer GIS-Registrierungsschranke sein. Das geht aus einem Strategiepapier hervor.

Leitprojekt der ORF-Strategie ist der ORF-Player, der bis Ende 2021 realisiert werden soll. Er soll eine Art Streamingplattform (wie TVthek oder Radiothek) sein, von der aus alle Angebote des ORF streambar sein sollen. Doch während TVthek und Radiothek frei abrufbar sind, sollen beim ORF-Player wesentliche Inhalte hinter eine Registrierungsschranke gestellt werden und somit nur für GIS-Zahler abrufbar sein.

Das geht aus dem vollständigen Strategiepapier hervor, das der APA vorliegt. Seitens des ORF wird bestätigt, dass es sich um das Strategiepapier 2025 des Medienhauses handelt. Viele Inhalte wurden bereits im Anschluss an die ORF-Stiftungsratssitzung Anfang Dezember kommuniziert. So ist es nicht neu, dass eine Weiterentwicklung zur "Public Service Plattform" angestrebt wird, um ein Gegengewicht zu Google, Facebook, Netflix und Co zu generieren. Künftig sollen lineare Kanäle und nicht-lineare Plattformangebote gleichberechtigt zu einem hybriden Gesamtangebot verschmelzen.

Der ORF sieht in seiner Strategie außerdem vor, dass Inhalte verstärkt mit österreichischen Medien ausgetauscht und vermarktet werden. ORF 1 erhält eine neue Kernzielgruppe (25 bis 50 Jahre), als Kernzielgruppe der Privatsender gilt 12 bis 49 Jahre. Die Landesstudios sollen einen noch stärkeren Fokus auf Regionalität setzen.

ORF-Gesetz müsste angepasst werden

Angebote in sozialen Medien stellen künftig die dritte Säule neben den klassischen Rundfunkkanälen und dem bis Ende 2021 geplanten ORF-Player dar. Für Letzteren muss jedoch zuerst das ORF-Gesetz angepasst werden, damit die angestrebten "online first" und "online only"-Strategien eine rechtliche Basis haben.

Bis Ende März soll geklärt sein, wie die Umsetzung der wesentlichen Handlungsfelder aussieht. Der Stiftungsrat begleitet die Umsetzung im Rahmen eines jährlichen "Strategie-Controllings".

Vermarktungsplattform mit gemeinsamer Log-in-Strategie

Für die "digitale Souveränität des österreichischen Medienstandortes" sei es notwendig, Inhalte verstärkt mit österreichischen Medien auszutauschen und eine gemeinsame Vermarktungsplattform im digitalen Bereich mit gemeinsamer Log-in-Strategie zu schaffen, heißt es im Strategiepapier. Bestimmte Inhalte sollen hinter einer GIS-Registrierungsschranke stehen. Dadurch soll die "Streaming-Lücke" geschlossen und niederschwellige Abosysteme von insbesondere digitalen Printmedien gestützt werden.

Nicht nur der österreichische, sondern auch der europäische Medienstandort soll mit der Schaffung einer "European Public Sphere" gestärkt werden. Der ORF stellt sich darunter eine Partnerschaft öffentlicher und privater europäischer, vor allem gemeinwohlorientierter Plattformen vor. Der ORF-Player soll ein Teil dieses "europäischen Ökosystems" werden. Koproduktionen im deutschsprachigen Raum sowie im Rahmen der European Broadcasting Union (EBU) dürften verstärkt werden.

Programmhighlights erst online, dann erst im Fernsehen

Der ORF-Player hat unter anderem "online first" und "online only" als maßgebliche Prinzipien. Das Strategiepapier sieht deshalb konsequenterweise vor, dass manche ausgewählte Programmhighlights noch vor der linearen Ausstrahlung online zu sehen sein werden.

Derzeit großteils auf ORF Sport + gezeigte Randsportarten und das Kinderprogramm dürften auf den ORF-Player übersiedeln. Auch die strategische Positionierung von FM4 "ist zu überprüfen und im Hinblick auf eine Migration in die Sound-/Podcast-Plattform zu entscheiden".

Die "absolute Konzentration auf das Publikum und seine Interessen" stehen im Mittelpunkt der Strategie für ORF 1. Die Interaktion mit dem Publikum wird erhöht. Es soll die Möglichkeit haben, das Programm mitzugestalten. Um einen "Generationenabriss" zu verhindern und die Gebührenlegitimation des ORF langfristig abzusichern, soll sich der ORF-Player zuvorderst an junge Menschen richten. Der ORF plant zudem eine eigene Digitalwerkstatt für "Millennials", um Trends frühzeitig zu erkennen und Formate zu entwickeln. Das Medienhaus will die Sichtbarkeit junger Menschen im Programm erhöhen und Multiplikatoren der Zielgruppe gezielt einbinden.

Landesstudios sollen regionale Plattformen werden

Geplant ist, die neun Landesstudios schrittweise in kleinere, regionale Plattformen zu verwandeln. Sie bekommen eine digitale Erneuerung. Noch 2021 sollen die Studios technologisch und architektonisch neu konzipiert werden. Regionalität ist ein strategischer Schwerpunkt der kommenden Jahre. Um das zu würdigen, wären "etwa ein regionales Kurznachrichtenformat für den Spätabend oder ein regionales Diskussionsformat am Wochenende" denkbar.

ORF will nicht beim Personal sparen

Obwohl mit einer "Ausweitung der Finanzierungsbasis nicht zu rechnen ist", soll nicht beim Personal gespart werden. Im Gegenteil: Der bevorstehende Generationenwechsel im ORF – bis 2025 gehen rund 20 Prozent der Mitarbeiter in Pension – wird als Chance gesehen, um "multimedial ausgebildete und möglichst flexibel einsetzbare Mitarbeiter/innen" einzustellen. Abgänge dürften kompensiert werden.

Punktuell ist von Kapazitätsausweitungen die Rede – etwa im IT-Bereich im Rahmen des ORF-Players. Frauen will das größte Medienhaus des Landes gezielt gefördert und die Diversität im Unternehmen erhöhen.

Werbung auf Haushalte angepasst?

Die duale Finanzierung des ORF durch Gebühren und Werbung soll aufrechterhalten und zeitgemäß weiterentwickelt werden. Die "Streaming-Lücke" plant das Unternehmen durch einen Mix aus legistischen Maßnahmen und der bereits genannten Log-In-Strategie beim ORF-Player zu schließen.

Im Bereich der TV-Werbung "hat sich der ORF auf die verstärkte Nutzung von Addressable TV einzustellen", heißt es im Strategiepapier. Darunter ist die gezielte haushaltsgenaue Ausspielung von TV-Werbung zu verstehen. Auch hierfür ist eine gesetzliche Anpassung vonnöten.

Öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF sei "zu adaptieren"

Im Strategiepapier sind nötige gesetzliche Adaptionen wie folgt skizziert: Der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF "ist zu adaptieren". Online-Verbote sollen auf das von der EU-Kommission zwingend vorgegebene Ausmaß reduziert und Verfahrensregeln so ausgestaltet werden, dass sie "die rasche Umsetzung geplanter Medieninnovationen befördern, anstatt diese zu verunmöglichen". Für den ORF-Player baut der ORF auf einen direkten Auftrag im ORF-Gesetz, der verstärkt auf personalisierte Nutzererfahrung und Crossmedialität Rücksicht nimmt.

Wie die GIS berechnet wird nicht mehr zeitgemäß

Bestimmungen des Versorgungsauftrags und der Programmentgeltpflicht sind laut dem Strategiepapier überholt: Derzeit gelten als entgeltpflichtige Rundfunkempfangseinrichtungen nur jene Geräte, die "Rundfunktechnologien" verwenden. Das sei  "sachlich nicht mehr gerechtfertigt", heißt es. Die entstandene Gebührenlücke "ist daher vom Gesetzgeber zu schließen".

Auch wünscht sich der ORF, dass gesetzliche Werbebeschränkungen evaluiert werden. Einer Anpassung bedarf es in den Augen des Medienhauses noch hinsichtlich des Verbots für den ORF, Synergien zwischen seinen Radio- und TV-Sendern zu nutzen. Das wäre "geradezu anachronistisch".

(APA)

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