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Sozialimmobilien: Komplexer sicherer Hafen

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Sie versprechen höhere Renditen, sind aber kein Investment, das man auf die leichte Schulter nehmen sollte, warnen Experten. Es gilt mehr Parameter zu berücksichtigen als bei klassischen Immobilieninvestitionen.

In Deutschland haben sich Sozialimmobilien schon längst als gefragte eigene Assetklasse etabliert, nun scheint auch Österreich nachzuziehen: Im Vorjahr flossen fast 120 Millionen Euro an Investorengeldern in das Segment, mehr als je zuvor. „Gerade in Krisenzeiten scheinen Investoren die Stabilität der Assetklasse sehr zu schätzen“, nennt Jochen Lindner, Geschäftsführer der SHI Management GmbH, einen wesentlichen Grund für die starke Vorjahresentwicklung. Mit Auslastungsproblemen hätten Seniorenimmobilien angesichts der starken Nachfrage nämlich grundsätzlich nicht zu kämpfen. Nicht zuletzt das vernünftige Mietpreisniveau sorge für stabile – und vor allem konjunkturunabhängige – laufende Cashflows.

Nachhaltige Investments

Adolf Hengstschläger, CFO der Bank Gutmann, die sich in den vergangenen Jahren mit einem bewegten Transaktionsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro zu einem wesentlichen Player auf dem Markt für Sozialimmobilien entwickelt hat, führt das verstärkte Investoreninteresse auch darauf zurück, dass andere Immobilienklassen infolge der Coronapandemie zumindest temporär weniger attraktiv geworden sind. Zudem sei in den letzten Jahren der Trend zum nachhaltigen Investieren auch unter institutionellen Anlegern zunehmend populärer geworden. „Immer mehr professionelle Marktteilnehmer interessieren sich für Pflege- und Senioreneinrichtungen, weil sie – im Sinne des Impact Investing – messbare positive Auswirkungen auf die Gesellschaft erzielen wollen“, betont Hengstschläger.

Auf den ersten Blick wirkten Pflegeheime wie sehr einfach zu verstehende Investments, sagt Lindner. Viele glaubten, dass man eigentlich nur ein Grundstück, ein Gebäude mit entsprechenden Flächen sowie einen Betreiber mit Mietvertrag benötige und sich dann mehr oder weniger zurücklehnen könne. „Ich habe in den letzten Jahren viele Fehlinvestitionen gesehen, die auf diese Einschätzung zurückgehen“, hält der Experte fest. Seiner Einschätzung nach machen die Assetklasse vor allem der ordnungspolitische Rahmen, die unterschiedlichen baulichen Anforderungen sowie die Refinanzierungs- und Förderungsseite komplex.

Tatsächlich scheint sowohl in Österreich als auch in Deutschland im Pflegebereich kaum ein Jahr ohne Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu vergehen. Vor allem die föderalen Strukturen machen das Investieren nicht gerade einfach. „Da die Pflege in Österreich Ländersache ist, müssen sich Investoren mit neun unterschiedlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen“, weiß Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE. Während etwa in einigen Bundesländern die Subjektförderung eine größere Rolle spiele, stehe in anderen – wie beispielsweise der Steiermark – die Objektförderung stärker im Fokus.

Betreiber entscheidend

„Der Bedarf an neuen Kapazitäten ist nach wie vor groß und wird weiter anhalten“, meint hingegen Hengstschläger. Man werde sehen, wann es zu einer Balance zwischen den Gestehungskosten und der Finanzierbarkeit kommen wird. Das nämlich sei die Voraussetzung für weitere Projektentwicklungen. Angesichts der hohen Grundstückspreise sei es allerdings alles andere als einfach, zu leistbaren und vertretbaren Preisen zu entwickeln und dabei noch eine entsprechende Gewinnmarge zu realisieren.

Alles andere als einfach ist es auch, einen geeigneten Betreiber zu finden. „Bei Seniorenimmobilien ist ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen den Immobilienbesitzern und -betreibern entscheidend“, verweist Hengstschläger auf einen weiteren entscheidenden Erfolgsfaktor. Nur dann sei es möglich, auf die sich laufend ändernden Gegebenheiten entsprechend rasch reagieren zu können.
Wie in anderen boomenden Assetklassen haben sich auch die Renditen von Gesundheitsimmobilien zuletzt deutlich reduziert. In Deutschland etwa ging die Spitzenrendite von Pflegeheimen im Vorjahr um 50 Basispunkte auf vier Prozent zurück. Vor etwas mehr als zehn Jahren lag sie noch bei rund acht Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich Österreich: Laut Fichtinger sind bei Objekten mit guten Betreibern und langfristigen Mietverträgen in den Landeshauptstädten um die vier Prozent, im ländlichen Bereich immerhin bis zu fünf Prozent zu lukrieren.

Betreutes Wohnen im Aufwind

Bei Silver Living sieht man vor allem beim betreuten Wohnen noch großes Marktpotenzial. Geschäftsführer Walter Eichinger verweist zum einen auf die Kostenvorteile gegenüber der stationären Pflege und zum anderen auf das Mehr an Komfort für die Bewohner im Vergleich zu anderen einschlägigen Wohn- und Pflegeformen. Als schlagendstes Argument bezeichnet er aber den demografischen Wandel. Laut einer hauseigenen Marktstudie wird sich der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung bis 2029 europaweit auf 30 Prozent erhöhen. „Davon werden wiederum fünf Prozent betreutes Wohnen in Anspruch nehmen“, betont Eichinger, der bis zum Ende des laufenden Jahrzehnts einen Bedarf von knapp 90.000 betreuten Wohneinheiten ausmacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2021)

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