Nur die Frustration der grünen Männer?

Frustration gruenen Maenner
Frustration gruenen Maenner(c) APA/DIE GR�NEN (DIE GR�NEN)
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Wiener Grüne. Sie gelten als sehr links und besonders chaotisch: Dabei glauben nicht wenige in der Partei, dass in Maria Vassilakous Fraktion vor allem Männer ein Problem hätten. Und das zu Recht.

Wien. Marie Ringler geht. Die 35-jährige Gemeinderätin der Wiener Grünen, die lange das Attribut „Zukunftshoffnung“ tragen durfte, verlässt die Kommunalpolitik und geht in die Wirtschaft. Ohne Groll und gröbere seelische Verletzungen durch die Partei, wie sie betont. Die Situation der Grünen sei „natürlich traurig“, habe aber nichts mit ihrer Entscheidung zu tun.

Tatsächlich hat sich Ringler schon vor mehr als einem Jahr dazu entschlossen, nicht mehr zur parteiinternen Listenerstellung für die Wiener Wahl anzutreten. „Traurig“ sei die Lage, da „Befindlichkeiten“ und „Eitelkeiten“ mancher Funktionäre die Partei in eine Schieflage gebracht hätten. Mancher männlicher Funktionäre, wie Ringler auch präzisiert.

Also ist das Chaos mit Spaltungen und Übertritten ein Männerproblem in einer von Frauen geführten und geprägten Partei? „Empirisch betrachtet waren es nur Männer“, sagt Ringler knapp. Ironischer Nachsatz: Vielleicht sei das aber auch nur ein Zufall. Johannes Voggenhuber auf der EU-Ebene, Bundesrat Stefan Schennach in seiner Bezirksgruppe Döbling, Bezirksvorsteher Heribert Rahdjian in der Josefstadt und Bezirksrat Manfred Rakousky in Mariahilf: alles Männer im besten Alter. Und allen wurde von der eigenen Partei die Gefolgschaft verweigert – in mehr oder wenig fairen basisdemokratischen Abstimmungen, vor allem aber in sehr persönlich geführten Streitereien.

Maria Vassilakou, Spitzenkandidatin der Grünen, kennt auch andere Wahlergebnisse: Sie selbst wurde im Frühjahr mit 98,65 Prozent auf Platz eins bestätigt – fast peinlich für Wiens Grüne. Heute würde das vermutlich anders sein.

Die Wiener hatten schon immer den Ruf, besonders unberechenbar zu sein und weit links zu stehen. Im Fall der Josefstadt und Döblings waren es eher pragmatische Politiker, die unter die Räder kamen. Dass die Wiener Grünen aber als so links gelten, war und ist auch eine gerne gepflegte Legende – in der eigenen Partei.

So war in dieser Legislaturperiode in Wien wenig von den scharfen wirtschaftspolitischen Forderungen zu hören, wie sie im Wirtschaftsprogramm der Wiener Grünen der vergangenen Wahl zu lesen waren. Damit hatten sie die SPÖ weit links überholt. Die Herren David Ellensohn und Martin Margulies waren still, ihre Mandate beziehungsweise das Amt des nicht amtsführenden Stadtrates (Ellensohn) waren offenbar zeitintensiv.

Dabei hatten sie einst für Furore gesorgt: Als Alexander Van der Bellen 2003 mit der ÖVP über eine schwarz-grüne Koalition verhandelte, mobilisierten sie und die Wiener Grünen gegen diese Gespräche und erreichten ein dogmatisches Nein der Partei. Damals hieß es in der Bundespartei, dass man sich gegebenenfalls über die aufmüpfige Landespartei hinwegsetzen müsse.

Ringler ist angesichts der Grünen-Streitereien froh, „zu einem Zeitpunkt zu gehen, an dem ich einen interessanten Job fand“: „Denn wenn man einmal abhängig von einem Mandat und der Unterstützung der Partei ist, dann wird es eben schwer.“ Besonders bei den gnadenlosen Grünen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2010)

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