Die Grünen-Chefin verlässt sich auf wenige Einflüsterer. Eva Glawischnigs Grüne werden gern als reine Weiberwirtschaft verhöhnt. Dabei besteht ihr engster Führungskreis vornehmlich aus Männern.
Wien. Es ist schon amüsant: Eva Glawischnigs Grüne werden gern als reine Weiberwirtschaft verhöhnt. Dabei besteht ihr engster Führungskreis vornehmlich aus Männern. Die Parteichefin verlässt sich zwar auf eine professionelle Pressesprecherin, die frühere Journalistin Gabi Zornig. Und auch Maria Vassilakou, die derzeit wenig glorreich wahlkämpfende Wiener Grünen-Chefin, hat als eine der Stellvertreterinnen Glawischnigs einen gewissen Einfluss. An den großen Strategien und Kommunikationsabläufen der Grünen basteln aber andere.
Entscheidende Rollen nehmen Dieter Brosz, Stefan Wallner und Oliver Korschil ein. Wie Glawischnig sind sie alle um die 40, kommen aber aus völlig unterschiedlichen Welten. Korschil ist wie die Parteichefin und wie sein Vorgänger als Kommunikationschef – Lothar Lockl – über Global 2000 zur Grünbewegung gekommen. Für Glawischnig leitete er schon das Büro, als sie kurze Zeit Dritte Nationalratspräsidentin war. Sein Metier: die strategische Ausrichtung und der Auftritt nach außen.
Stefan Wallner entstammt als früherer Caritas-Generalsekretär ganz und gar nicht der grünen Familie. Er ist die ureigenste Erfindung Glawischnigs. Dank seiner bürgerlichen Wurzeln soll er neue Zielgruppen erschließen und als blendender Organisator vor allem Ordnung ins grüne Chaos bringen. Was, so heißt es, vorerst nur bedingt funktioniert. Die interne Kommunikation beschränkt sich oft auf Sprachregelungen per SMS.
Dieter Brosz, die graue Eminenz
Die graue Eminenz der Grünen ist aber Dieter Brosz. Und wie es solchen Leuten nun einmal ergeht, macht er sich nicht nur Freunde, im Gegenteil. Der Niederösterreicher schmückt sich mit der für einen Grünen eigenwilligen Funktionsbezeichnung „geschäftsführender Parlamentarier“ – und das schon seit 2003. Brosz ist also eigentlich ein Mann Alexander Van der Bellens, der sich nie gerne mit aufreibender Organisationsarbeit abquälte. Brosz plant die Parlamentsarbeit, er entwirft Kampagnen und er kümmert sich um Meinungsumfragen.
Dass auch Werner Kogler – er soll nach dem unerwarteten Rücktritt eines Quereinsteigers für die Grünen den steirischen Landtagswahlkampf retten – und der umtriebige Altvordere Peter Pilz zu Glawischnigs Einflüsterern gehören, überrascht wohl kaum. Genauso wenig, dass sie sich ab und an Rat bei ihrem Vorgänger Alexander Van der Bellen holt.
Nahezu unbekannt ist, dass Johannes Rauch eine gewichtige Rolle in der Bundespolitik spielt. Den Chef der Vorarlberger Grünen schätzten schon andere Führungsspitzen als hochpolitischen Kopf, dessen Meinung man gerne einholt. Außerdem vermittelt er die Bundesländer-Sicht, mit der das Wien-zentrierte Weltbild zuweilen etwas zurechtgerückt werden muss.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2010)