Ermittlung

Was hinter dem Fall Pilnacek steckt

Justizressort-Sektionschef Christian Pilnacek wurde suspendiert.
Justizressort-Sektionschef Christian Pilnacek wurde suspendiert.Clemens Fabry
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Justizressort-Sektionschef Christian Pilnacek wurde suspendiert. Die Causa wirft ein Schlaglicht auf das Verhältnis zwischen Justiz und Politik.

Wien. Zuletzt ging es Schlag auf Schlag: Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter erfuhr aus den Medien, dass er als Beschuldigter in einem Geheimnisverrat-Verfahren geführt wird. Nicht nur Brandstetter – er ist mittlerweile Verfassungsrichter – steht unter Verdacht. Auch gegen Sektionschef Christian Pilnacek wird ermittelt. In seinem Fall wurde am Freitag ein weiterer Schritt gesetzt. Das interimistisch von Grünen-Vizekanzler Werner Kogler geführte Justizministerium gab Pilnaceks Suspendierung bekannt.

Verdacht gegen zwei Topjuristen

Der Verdacht: Pilnacek könnte im Juni 2019 Interna aus einem von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, WKStA, geführten Strafverfahren verraten haben. Die WKStA ist bekanntlich jene Behörde, die mit Pilnacek im Clinch liegt – und die seit Längerem auch von der ÖVP heftig kritisiert wird. Zuletzt wegen der Hausdurchsuchung bei ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel.

Das besagte Strafverfahren: Investor Michael Tojner soll unter Zwischenschaltung von Strohmännern gemeinnützige Wohnbaugesellschaften im Burgenland erworben und auf die Aberkennung der Gemeinnützigkeit hingearbeitet haben. SPÖ-Landeschef Hans Peter Doskozil sah sich namens des Landes durch den Deal über den Tisch gezogen. Eine Betrugsanzeige folgte.

Pilnacek könnte – so der Verdacht – der WKStA in die Karten geschaut und sein Wissen an Brandstetter weitergegeben haben. Damals war eine Razzia bei Tojner geplant. Der Investor hatte vorzeitig Wind davon bekommen. Allerdings hatte sich die Razzia damals vorab auch schon in Journalistenkreisen herumgesprochen. Brandstetter war damals nicht mehr Amtsträger, sondern Rechtsberater von Tojner. So prüft die Staatsanwaltschaft Wien nun, ob der Ex-Minister „seinen“ früheren Sektionschef Pilnacek zum „Verrat“ gedrängt hat. Das wird von Brandstetters Rechtsvertreter, Georg Krakow, klar dementiert. Von Pilnacek gab es zuletzt keine Stellungnahme. Und Tojners Anwalt Karl Liebenwein sagte am Freitag, dass die Information zur Razzia „von Journalisten“ gekommen sei. Für sämtliche Verdächtige gilt die Unschuldsvermutung.

Außerdem wird geprüft, ob Brandstetter als Minister Details aus einem weiteren Strafverfahren „nach außen“ getragen hat. Hier wiederum geht es um das Tojner-Bauprojekt am Wiener Heumarkt. Bekam der Investor Rückendeckung von dem seinerzeitigen Wiener-Grünen-Planungssprecher, Christoph Chorherr, gab es einen Zusammenhang zwischen einer Tojner-Spende an einen karitativen Chorherr-Verein und dem Bauprojekt? „Nein“, sagen beide. Dem Verdacht, er habe Details aus dem Akt verraten, tritt der Ex-Minister kategorisch entgegen.
Auf Brandstetters Arbeit als Verfassungsrichter hat die Ermittlung keinen Einfluss. Pilnacek hingegen muss eine – vorläufige – Suspendierung hinnehmen. Sein Fall liegt nun bei der Bundesdisziplinarbehörde. Diese muss binnen eines Monats entscheiden, ob es bei der Suspendierung bleibt. Wann der Sektionschef sein sichergestelltes Handy wiederbekommt, bleibt abzuwarten. Augenscheinlich ist, dass der Spitzenjurist von seiner Vergangenheit eingeholt wurde. Die Vorwürfe stammen aus einer Zeit, als er noch für Einzelstrafsachen zuständig war.

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