Quergeschrieben

Mit einem Bein oder gar beiden Haxen im Kriminal

Worüber man nicht schweigen will, darüber kann man streiten: Das dachten auch ein paar Grätzelfreunde, die einander zufällig auf dem Markt trafen. Ein Lauschangriff.

Gesprächsthema war zunächst, no na, Corona. Der Green Pass, rief eine Dame über den elefantösen Sicherheitsabstand, sei eine gute Idee, „aber erst, wenn alle eine Chance auf Impfung haben“. Zustimmendes Nicken. Nur ein Mann widersprach: Er sei es den alten Menschen nicht neidig, wenn sie ihre letzten Jahre wieder halbwegs normal verleben können.

Abrupt wechselte er zu anderen Aufregerthemen: Blümel, Brandstetter, Hausdurchsuchungen, Korruptionsverdacht. Novomatic sponsert doch alle, sagte einer (und, nein, er hatte keine Ähnlichkeit mit H.-C.): Stiftungen, Schriftsteller, Kabarettisten, (Kultur-)Veranstaltungen und Parteien. Und finde man es nicht ebenso anrüchig, wenn die für das KH-Nord-Millionendebakel zuständige Gesundheitsstadträtin nahtlos zu einem Konzern wechselt, der enge Geschäftsbeziehungen zu der Stadt Wien unterhält (die WKStA fand das übrigens nicht). Ach, und sei nicht ein Anwalt, nachdem er finanzielle Geburtshilfe geleistet habe, für die Liste Pilz ins Parlament gezogen? Und die Neos, ätzte einer, würden ihre Existenz sowieso nur einem Großsponsor verdanken. Holla, die Waldfee! Ab da wurde die Diskussion parteipolitisch deftig.

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»Einig war man sich nur, dass Politiker mit einem Bein im Kriminal zur parteiübergreifenden Österreich-Folklore gehören.
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Andrea Schurian

Halbwegs einig war man sich nur, dass Politiker, die mit einem Bein oder gar mit beiden Haxen im Kriminal stehen, zur parteiübergreifenden Österreich-Folklore gehören: Ein steirischer Ex-Landeshauptmann (Friedrich Niederl, ÖVP) kassierte wegen Beteiligung an Untreue zwei Jahre bedingte Haft; Franz Olah, ehemals SPÖ-Innenminister, Zweiter Nationalrats- und späterer ÖGB-Präsident, wegen widmungswidriger Verwendung von Gewerkschaftsgeld sogar ein Jahr schweren Kerker. Sonnenkönig Bruno Kreisky kam mit einer bedingten Geldstrafe davon, nachdem er Simon Wiesenthal als Nazi-Kollaborateur beschimpft hatte. Nach Beendigung seiner politischen Laufbahn als SP-Finanzminister musste Hannes Androsch wegen Steuerhinterziehung und Schwarzgeldkonten umgerechnet 65.000 Euro Strafe zahlen; mehr als dreißig Jahre später fasste sein zuerst blauer, dann oranger, dann parteiloser Nachnachfolger Karl-Heinz Grasser wegen Untreue und Geschenkannahme eine (nicht rechtskräftige) achtjährige Freiheitsstrafe aus. Fred Sinowatz (SP-Kanzler) wurde wegen falscher Zeugenaussage zu einer Geldstrafe, der rote Ex-Innenminister Karl Blecha (SPÖ) wegen Beweismittelunterdrückung und Urkundenfälschung im Zuge der Lucona-Affäre zu einer neunmonatigen bedingten Haftstrafe verurteilt. Über Lucona stolperte auch Leopold Gratz, Außenminister, er wurde wegen Falschaussage verurteilt. Schon seine Zeit als Wiener Bürgermeister verlief mit Bauring, AKH und Rinter-Müllzelt nicht gerade skandalfrei. Kärntens Ex-VP-Landeschef Josef Martinz wanderte wegen Untreue für einige Zeit hinter Gitter, ebenso Ex-VP-Innenminister Ernst Strasser wegen Bestechlichkeit, einen Teil ihrer mehrjährigen Haftstrafen verbüßten beide mit Fußfesseln. Auch Salzburgs SP-Bürgermeister Heinz Schaden war wegen Untreue bzw. der Beteiligung zur Untreue in elektronischem Hausarrest. Der FP-Abgeordnete John Gudenus (Papa des Ibiza-Ausflüglers Johann G.) wurde wegen Widerbetätigung zu einem Jahr bedingter Haft, sein blauer Parteifreund Peter Rosenstingl wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs und Untreue sogar zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Wären noch die Geld- und oder (bedingten) Haftstrafen für das untreue blau-orange Quartett Uwe Part-of-the-Game Scheuch, Gerhard Dörfler, Harald Dobernig und Stefan Petzner. Zwei Mitglieder von Haiders Buberlpartie, Gernot Rumpold und Peter Westenthaler, saßen schon hinter schwedischen Gardinen, Walter Meischberger steht es bevor.

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