Umweltministerin Leonore Gewessler über den Ausbau der Erneuerbaren, die Sorgen über den Blackout, den „Champagner“ der grünen Revolution und darüber, was das „Upgrade Energiewende“ kosten wird.
Die Presse: Das milliardenschwere Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) ist fixiert. Es wird allerdings mit großer Verspätung in Kraft treten. Ist das Ziel, Österreich 2030 mit 100 Prozent Ökostrom zu versorgen, erreichbar?
Leonore Gewessler: Ja, wir haben damit einen Eckpfeiler der Energiewende umgesetzt und das neue Fördersystem so aufgestellt, dass wir bis 2030 noch einmal um die Hälfte mehr Erneuerbare zubauen können. Im Parlament, wo wir ja noch eine Zweidrittelmehrheit brauchen, herrscht auch Konsens, dass wir das erreichen wollen.
Die Branche ist weniger optimistisch. Zuletzt hat es fast 30 Jahre gebraucht, um Kraftwerke mit einer ähnlich hohen Leistung zu errichten. Warum soll es jetzt so viel schneller gehen?
Wir werden bis 2040 unser Energiesystem komplett umbauen. Im Unterschied zu früher stellt sich die Frage nicht mehr, ob und wie viel Klimaschutz wirklich kommen wird. Österreich wird in zwanzig Jahren keine Kohle, kein Erdöl und Erdgas mehr verbrauchen. Die Mittel dafür liegen jetzt schon bereit. Schon 2021 wird es doppelt so viel Geld für Fotovoltaik geben wie im Jahr zuvor.
Im Jänner stand Europa knapp vor dem Blackout. Viele Unternehmen klagten über höhere Instabilität im Stromnetz seit dem starken Ausbau der Erneuerbaren. Sorgen Sie sich wegen des Blackouts, oder ist das Panikmache?
Wir haben am 8. Jänner 2021 in Europa ein seltenes Ereignis erlebt, das uns vor allem eines gezeigt hat: Wir können unser Stromsystem stabil halten. Die Ursache der Probleme lag in einem fossilen Kraftwerk in Südosteuropa, aufgefangen haben uns in Österreich die Wasserkraft und eine Batterie. Unser Sicherheitsnetz ist enorm gut, und das müssen wir bewahren.