Pleiten

Für Betriebe schlägt es fünf vor zwölf

Pessimistischer Texitilhandel.
Pessimistischer Texitilhandel.APA/ROLAND SCHLAGER
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Die Hälfte der Unternehmen gibt an, dass ihre liquiden Mittel höchstens noch ein Jahr ausreichen werden. Dennoch schauen die meisten optimistisch in die Zukunft.

Die Coronakrise hat massive Spuren in der heimischen Wirtschaft hinterlassen. Und wer weiß, wie lang mögliche Mutationen den Ausnahmezustand noch in die Länge ziehen. Dennoch blicken 76 Prozent der Betriebe positiv in die Zukunft – 13 Prozent sogar sehr positiv.

Das geht aus einer Umfrage des Kreditschutzverbandes KSV 1870 hervor. „Die Unternehmen sind nicht in eine Krisenlethargie verfallen“, sagt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV 1870 Holding AG. Vor allem in der Steiermark, im Burgenland und Oberösterreich würden die Optimisten sitzen. Überwiegend gilt das für Bereiche wie Pharma, IT, Forst- und Bauwirtschaft. Weniger enthusiastisch sind hingegen der Textilhandel, die Freizeit- und Logistikwirtschaft sowie die Gastronomie.

Dabei haben Österreichs Unternehmen dieses Jahr schon ad acta gelegt. Wirtschaftliche Verbesserungen erwarten die meisten erst im Jahr 2022. Ein knappes Viertel geht sogar davon aus, dass es der heimischen Wirtschaft frühestens im Jahr 2024 gelingen wird, sich zu erholen.

Erste Pleiten ab Herbst

Doch halten die Unternehmen so lang durch? „Für ein Viertel der Betriebe schlägt es fünf vor zwölf“, so der KSV. Entweder sind ihre Finanzen bereits aufgebraucht oder ein solches Szenario steht unmittelbar bevor. Fast die Hälfte der Betriebe gibt an, dass ihre liquiden Mittel höchstens nur noch ein Jahr halten werden. Immerhin 41 Prozent der heimischen Betriebe glauben, dass sie finanziell langfristig abgesichert sind.

Die ersten Insolvenzen erwartet Vybiral ab diesem Herbst. Auch 2022 und 2023 werde sich der Anstieg der Insolvenzen fortsetzen. Der KSV-Chef sieht aber keinen „Insolvenz-Tsunami“ auf die heimische Wirtschaft zukommen. Auf Wochenbasis liegen die aktuellen Unternehmensinsolvenzen derzeit um 60 Prozent unter dem Schnitt aus dem Jahr 2019. Dennoch werde die Coronakrise mittelfristig der Unternehmenswelt drei Effekte hinterlassen: mehr Übernahmen, eine Zunahme bei Geschäftsschließungen und Insolvenzen.

Allerdings war Österreichs Wirtschaft gut auf die Krise vorbereitet. Denn die Betriebe haben ihr Eigenkapital seit 2015 kontinuierlich erhöht, erklärt Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV 1870 Information GmbH. Laut dem KSV lag die durchschnittliche Eigenkapitalquote im Jahr 2019 bei 51,6 Prozent.

Darauf wollen die Unternehmen nun auch für ihre Investitionen zurückgreifen. Fast 70 Prozent haben schon während der Krise investiert. Und bei sechs von zehn Unternehmen steht es nun auf der Agenda. Hierbei geht es vorrangig um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, die Digitalisierung und neue Geschäftsfelder. Das ist auch bitter nötig. Nur vier von zehn Betrieben haben bisher ihr Geschäfts- bzw. Vertriebsmodell geändert. Dabei hatten einige Konzepte schon vor Corona ausgedient.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2021)

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