Lage an Tiroler Privat-Uni spitzt sich zu

Lage Tiroler PrivatUni spitzt
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Die Tiroler Privat-Uni Umit kommt zwei Wochen, nachdem ihr der Akkreditierungsrat die Erlaubnis für das Doktorats-Studium Gesundheitswissenschaften entzogen hat, nicht zu Ruhe.

HALL/TIROL. Die Kontroverse um die angeblich mangelhafte Qualität des Studiengangs und schlechte Betreuungsverhältnisse schadet dabei nicht nur dem Ruf der – ohnehin kritisch beäugten und oft als Hochschulen „zweiter Klasse“ abqualifizierten – privaten Hochschulen, sondern führt auch an der Umit selbst zu weiteren personellen Konsequenzen.

Nach dem Abgang des verantwortlichen Departmentleiters Roland Staudinger, früherer Vorstand der mit der Umit verwobenen Krankenhausholding Tilak, wurde nun auch sein Vertreter Herwig Ostermann abberufen. Weiters sei Staudingers Frau – die unter ihrem Mann an der Uni eine Professur erhalten hatte – beurlaubt worden, schreibt die „Tiroler Tageszeitung“. Die führungslosen Organisationseinheiten würden in der Zwischenzeit dem Rektorat unterstellt, sagt Umit-Rektorin Christa Them. Man prüfe derzeit das gesamte Department.

Warnungen schon im Jahr 2006

Die Vorgeschichte ist lang – und komplex. Nach der Entscheidung des Akkreditierungsrates erscheinen auch alte Vorwürfe in neuem Licht; die Debatte über die Qualität privater Einrichtungen reicht mittlerweile bis in die Bundespolitik. Der Reihe nach: Der Akkreditierungsrat hielt vor zwei Wochen fest, dass angesichts der großen Zahl an Studierenden „keine qualitative Betreuung in allen Phasen des Studiums“ mehr gegeben sei. Zudem gebe es Mängel in der wissenschaftlichen Ausrichtung („Die Presse“ berichtete).

Der Rektor der Med-Uni Innsbruck, die mit der Umit in Konkurrenz steht, übte heftige Kritik und wandte sich an die Landesregierung, die die Umit seit Jahren mit Geldern in Millionenhöhe fördert und auch personell mit ihr verwoben ist. (Ex-Umit-Rektor Bernhard Tilg ist mittlerweile Wissenschaftslandesrat.) Rund 200 Studierende, die das Doktorat der Gesundheitswissenschaften derzeit absolvieren, wissen nun nicht, wie es weitergeht. Eine Lösung, die ihnen die volle Anrechnung ihrer Ausbildung an einer anderen Uni ermöglicht, ist in weite Ferne gerückt. Wahrscheinlich werde man nur einige wenige „retten“ können, befürchten Insider.

Es ist aber nicht das erste Mal, dass die Umit mit dem Akkreditierungsrat in Konflikt kommt. Bereits in den Jahren 2006/07 habe es teils heftige Kritik an der wissenschaftlichen Qualität gegeben. Wenn Personal fehlte, habe man einfach rasch mehrere Mitarbeiter habilitiert – und zwar unabhängig von deren Qualifikation, lautet seit Längerem der Vorwurf.

Auch die wissenschaftliche Karriere von Roland Staudinger wird immer wieder hinterfragt: So habe dieser seinen zweiten Doktortitel bei einem Doktorvater gemacht, dem er zuvor eine Professur an der Uni verschafft habe. Zudem seien Master-Titel an Mitarbeiter ohne akademische Vorbildung vergeben worden. Selbst bei den Publikationen, die die Umit für sich behauptet, soll es Ungereimtheiten geben: Viele würden von externen Lehrenden stammen und seien – wissenschaftlich unsauber – einfach der Umit zugerechnet worden.

Grüne fordern Offenlegung

Auch in der Bundespolitik erregt die Causa Aufmerksamkeit. So fordert der Grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald die Offenlegung des Bescheids des Akkreditierungsrates. Derzeit darf dieser seine Bescheide nicht veröffentlichen; sie werden nur dem Uni-Ministerium zur Genehmigung vorgelegt und den Betroffenen zugesandt.

„Die Fakten müssen auf den Tisch“, sagt Grünewald – vor allem im Sinne der Studierenden, künftiger Bewerber und Wissenschaftler, die sich um einen Posten an einer Privatuni bewerben. Nur so könne Qualität garantiert und Transparenz geschaffen werden, so Grünewald, früher Professor an der Med-Uni Innsbruck. Auch im Akkreditierungsrat selbst wünscht man sich mehr Transparenz. Man sei darüber verärgert, die regelmäßig stattfindenden Überprüfungen aller nicht veröffentlichen zu dürfen, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Denn nur so würde man auch Mängel, die die Reakkreditierung einer Privat-Uni nicht verhindern, kommunizieren können.

Auch an den öffentlichen Unis wächst der Ärger über die private Konkurrenz. Während der öffentliche Sektor finanziell ausgehungert werde, leisten sich manche Bundesländer eigene Unis, an denen sie sich mehr Mitspracherechte sichern können, so die Kritik. Grünewald fordert eine Debatte über die Rolle der Privaten: In Innsbruck etwa solle man sich überlegen, die Umit mit der Med-Uni zu fusionieren und diese somit auch budgetär zu stärken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2010)

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