Finanzmärkte

Inflationsängste lösen Gewinnmitnahmen an Europas Börsen aus

Inflationsfurcht setzt weltweit Aktienmärkte unter Druck. Technologiewerte und Corona-Profiteure geben nach. Gold als Inflationsschutz bleibt gefragt.

Aus Furcht vor steigenden Preisen und Zinsen fliehen Anleger aus den europäischen Aktienmärkten. Dax und EuroStoxx50 fielen am Dienstag um jeweils etwa 2,5 Prozent auf 15.027 beziehungsweise 3924 Punkte. "Mit der Rückkehr der Inflation ist zu erwarten, dass die riesigen Konjunkturprogramme in den USA, Großbritannien, der EU und anderen Staaten eher früher als später zurückgefahren werden", sagte Analystin Susannah Streeter vom Brokerhaus Hargreaves Landsdown.

Steigende Zinsen erhöhten nicht nur die Finanzierungskosten für die Unternehmen, sondern machten Anleihen wieder zu einer attraktiven Alternative für Investoren, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Beides führt dazu, dass die aktuell hohen Aktienbewertungen immer schwieriger zu rechtfertigen sind."

Vor diesem Hintergrund warteten Börsianer gespannt auf die US-Verbraucherpreisdaten am Mittwoch. "Die Toleranz der Notenbank Fed gegenüber der Inflation ist begrenzt", warnten die Analysten der DBS Bank. Analysten rechnen im Schnitt für April mit einer Teuerungsrate von 3,6 Prozent im Jahresvergleich. Im Vormonat hatte der Wert bei 2,6 Prozent gelegen. Je nachdem wie die Zahlen ausfielen, müsse mit weiteren Verlusten am Aktienmarkt gerechnet werden, sagte Anlagestratege Sebastien Galy von der Vermögensverwaltung der Nordea Bank.

Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses Avatrade, mahnte dagegen zur Besonnenheit. Die aktuellen Kursrücksetzer seien überfällig und gesund. Da sich die Konjunkturaussichten dank den Fortschritten bei den Coronavirus-Massenimpfungen und der erwarteten Erholung der Weltwirtschaft verbesserten, sehe er den aktuellen Ausverkauf als Gelegenheit zum Einstieg.

Gold gefragt, Ölpreis fällt

Dennoch flüchteten Anleger in den "sicheren Hafen" Gold. Das Edelmetall verteuerte sich um 0,2 Prozent auf 1840 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). "Investoren sehen Gold als Absicherung gegen Inflation", sagte Carlo Alberto De Casa, Chef-Analyst des Brokerhauses Activtrades. Sollte sich der Preis über 1840 Dollar etablieren, sei der Weg bis 1870 Dollar frei.

Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich dagegen um gut ein Prozent auf 37,60 Dollar je Barrel (159 Liter). Börsianer machten Fortschritte bei der Wiederinbetriebnahme wichtiger US-Pipelines, die nach einem Hackerangriff stillgelegt worden waren, und drohende neue Pandemie-Beschränkungen in Indien wegen explodierender Fallzahlen hierfür verantwortlich. Die Opec betrachtet einen Nachfragerückgang in dem wichtigen Abnehmerland allerdings als vorübergehend und hält an ihren Bedarfsprognosen für das Gesamtjahr fest.

Am Aktienmarkt flogen vor allem Technologiewerte, die zu den Profiteuren der Pandemie gehören und in den vergangenen Monaten überdurchschnittlich zugelegt hatten, aus den Depots. Im Sog der Kursverluste der US-Konkurrenten brach der Index für den europäischen Technologiesektor um mehr als drei Prozent ein. Gleichzeitig setzte ihm dank sinkender Fallzahlen in Deutschland die Diskussion über eine Lockerung der Pandemie-Beschränkungen zu. So verbuchten die Aktien von Home24 mit einem Minus von zeitweise gut 16 Prozent einen der größte Kursstürze der Firmengeschichte, obwohl der Online-Möbelhändler seinen Quartalsumsatz um zwei Drittel steigerte und operativ schwarze Zahlen schrieb.

In Stockholm rutschten die Papiere von Evolution Gaming um knapp 13 Prozent ab und steuerten auf den größten Tagesverlust seit drei Jahren zu. Mitgründer Fredrik Österberg und Vorstandchef Jens Von Bahr hatten Anteile an dem Anbieter von Online-Glücksspielen auf den Markt geworfen. Trotz der aktuellen Verluste sind die Evolution-Titel immer noch rund drei Mal so viel wert wie vor Ausbruch der Pandemie.

(Reuters)

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