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Dringend gesucht sind europäische Antworten

„Die Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak diskutierte mit Christoph Boschan, CEO Wiener Börse AG, Georg Kopetz, CEO TTTech Auto AG, Andreas  Gerstenmayer, CEO AT & S Austria Technologie & Systemtechnik AG, und Sabine Herlitschka, Vizepräsidentin der IV und CEO Infineon Technologies Austria AG.
„Die Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak diskutierte mit Christoph Boschan, CEO Wiener Börse AG, Georg Kopetz, CEO TTTech Auto AG, Andreas Gerstenmayer, CEO AT & S Austria Technologie & Systemtechnik AG, und Sabine Herlitschka, Vizepräsidentin der IV und CEO Infineon Technologies Austria AG.Günther Peroutka
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Im Expertentalk des Future Forum analysierten Führungskräfte renommierter Unternehmer, worauf sich Europas Industrie konzentrieren muss, um im globalen Wettbewerb nach der Coronakrise zu bestehen.

Im Rahmen ihres 250-jährigen Jubiläums hat die Wiener Börse ein Future Forum ins Leben gerufen. Gemeinsam mit der „Presse“ diskutierten renommierte CEOs unter dem Titel „Innovation Made in Austria – Industrie der Zukunft finanzieren“ über Innovation, Wandel der Industrie und eine Vision für die Zukunft.
„Presse“-Chefredakteur und Herausgeber Rainer Nowak begrüßte am Podium Sabine Herlitschka, Vizepräsidentin der Industriellenvereinigung (IV) und CEO der Infineon Technologies Austria AG, Andreas Gerstenmayer, CEO der AT&S Austria Technologie & Systemtechnik AG, Georg Kopetz, CEO der TTTech Auto AG und Gastgeber Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse AG.

„Normalerweise werden Jubiläen dazu genutzt, in die Vergangenheit zu blicken, aber wir wollen 250 Jahre Wiener Börse bewusst nutzen, um Fragen der Zukunft zu diskutieren und uns zu fragen, was bedarf es, um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu sein“, leitete Christoph Boschan die Diskussionsrunde ein. Ein Jahr nach Beginn der Coronapandemie lässt sich eine erste Bilanz ziehen, wie die heimische Industrie die Krise bisher bewältigt hat und welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Krise mit sich brachte.

Resilienz der Industrie

Natürlich hat die Coronakrise alle Branchen in irgendeiner Weise getroffen, aber die österreichische Industrie kann behaupten, die schwierigen Monate durchaus gut gemeistert zu haben. „Wir rechnen im nächsten Jahr mit einem deutlichen Wachstum in der Industrie“, sagte die IV-Vizepräsidentin. Gründe dafür gibt es mehrere, aber ein unumstrittener Fakt ist, dass sich das Krisenmanagement der Industrie sehen lassen konnte. „Vor allem im Vergleich zu anderen Ländern unterscheidet uns, dass bei uns die Produktion, unter Einhaltung der Sicherheits- und Hygienevorschriften, nicht stoppte, sondern fortgesetzt wurden“, erklärte Herlitschka. Das Management der heimischen Unternehmen handelte in der Krise umgehend und vorausschauend.

Online zugeschalten war Sabine Herlitschka, Vizepräsidentin der IV und CEO Infineon Technologies Austria AG.
Online zugeschalten war Sabine Herlitschka, Vizepräsidentin der IV und CEO Infineon Technologies Austria AG.Günther Peroutka

»„Ich bin überzeugt, die Welt braucht mehr Europa und liberale Gesellschaften. Wenn wir uns in den wesentlichen Technologiebereichen stärken, helfen wir mit, dass unsere Werte zu einer attraktiven Globalisierung beitragen.“«

Sabine Herlitschka, Vizepräsidentin der IV und CEO Infineon Technologies Austria AG

So wurden zum Beispiel ohne Zögern Corona-Teststraßen initiiert, um Stillstand zu vermeiden. Dadurch sind die Betriebe jetzt gut auf die Impfungen vorbereitet und können jederzeit loslegen. Die Produktivität in Krisenzeiten aufrechtzuerhalten, beurteilte Sabine Herlitschka gerade für eine exportorientierte Industrie als unglaublich erfolgsentscheidend. „Nur so erzielen wir Wachstum. Im Laufe der letzten 15 Jahre konnte Österreichs Industrie die Produktivität um mehr als 40 Prozent steigern.“
Eine Resilienz, die in Europa nicht in allen Bereichen gleich ausgeprägt war. Vor allem die Automobilindustrie steht vor einem Wandel und hier erwartet zum Beispiel AT&S-Chef Andreas Gerstenmayer noch einige Turbulenzen, sowohl bei den Erstausrüstern (OEMs) als auch den Zulieferbetrieben.

Konzert der Großen

Die TTTech Auto AG ist 2020 trotz Krise gewachsen. Heuer erwartet das Hightech-Unternehmen ein Wachstum von mehr als 20 Prozent. CEO Georg Kopetz warf den österreichischen und europäischen Unternehmen dennoch ein zu langsames Tempo vor. „Ja, die Industrie hat die Krise frühzeitig erkannt und gut reagiert, manchmal wurde aber die Bremse doch zu zögerlich gelöst, wo andere Mitbewerber aus den USA und Asien schon wieder voll am Gaspedal standen“, sprach Kopetz ganz im Auto-Jargon. Er bedauerte, dass hierzulande zu wenig über die Chancen gesprochen werde, die jede Krise mit sich bringe. „Aber die Chancen befinden sich nicht im regionalen, sondern im globalen Markt.“ Hier müsse sich die europäische Wirtschaft stärker bewusst werden, welchen Part man im internationalen Konzert einnehmen möchte. Der globale Erfolg müsse das Ziel sein.

Die Internationalisierung der heimischen Betriebe ist somit gefragt. Jedoch ist Österreichs Industrielandschaft sehr mittelständisch geprägt. Die Betriebe sind zwar im internationalen Vergleich gesehen eher klein, aber sehr international orientiert. „In den jeweiligen Branchen sind wir mit Hidden Champions am Weltmarkt sehr gut positioniert“, lobte Gerstenmayer.

Europa am Scheideweg

Georg Kopetz, CEO TTTech Auto AG.
Georg Kopetz, CEO TTTech Auto AG.Günther Peroutka

»„Aus einem starken europäischen Verständnis heraus brauchen wir einen globalen Blick und sollten herausfinden, wie wir in Amerika und Asien nachhaltig Wertschöpfung erzielen können.“«

Georg Kopetz, CEO TTTech Auto AG

Die Experten waren sich einig: Europa muss sich überlegen, wofür die europäische Industrie steht. „Dazu muss klar definiert werden, wo unsere Kernstärken und Technologiefelder liegen“, sagte Kopetz. „Derzeit haben wir zu wenig Differenzierung in der Technologielandschaft in Europa.“ Es sei die falsche Strategie, in allen Bereichen mitspielen zu wollen. Besser wäre der Weg, Schwerpunkte zu setzen.

Die Stärkefelder Europas sind laut Gerstenmayer Automobilindustrie und Industrieelektronik. Europa hat die Welt automatisiert und mobilisiert. Aber nun gilt es, herauszufinden, wo die Herausforderungen und die Technologien der Zukunft liegen. So lang wir keine europäischen Antworten auf diese Fragen bekommen, sind wir zu langsam. Schneller wird man mit Netzwerken. Bei der Diskussion nach den Schlüsseltechnologien sieht Gerstenmayer Herausforderungen auf zwei Ebenen. „Einerseits, wo befinden sich die wettbewerbsfähigen Anwendungen und andererseits muss man auf Enabling Technology setzen.“ Dazu zähle bei der Digitalisierung etwa Mikroelektronik. In Zeiten der Digitalisierung bekommt Datenmanagement mehr Bedeutung.

Netzwerk global denken

Ganz entscheidend für einen europäischen Weg ist die gemeinsame Marschrichtung der Unternehmen. Kopetz könnte sich vorstellen, dass globale Netzwerke die Lösung sind. „Die Unternehmen müssen sich untereinander vernetzen. Der Impuls von Einzelunternehmen ist zu gering. Es bedarf innovativer Netzwerke, die auch gegenüber den USA und Asien bestehen“, sagte Kopetz. Wenn jeder Betrieb allein geht, hat man im Konzert der Großen keine Chance.

Optimistisch stimmt, dass die Kooperationen in den Kernstärkefeldern bereits existieren. Die teilnehmenden Diskutanten waren das beste Beispiel dafür. TTTech Auto AG hat zum Beispiel Infineon neben Audi und Samsung als einen wichtigen Kernaktionär an Bord. „Wir kooperieren mit AT&S Leiterplatten. Die Vernetzung ist einfach wichtig“, sagte Kopetz. „Ich bin überzeugt, es gibt eine große Chance für Europas Industrie, wenn sich Unternehmen zusammenschalten, mit der Politik einen Dialog führen und versuchen, bei Themen wie dem autonomen Fahren ganz vorne mit dabei zu sein.“ Autonomes Fahren betreffe nicht nur Auto, Flugzeug und Eisenbahn, sondern auch unzählige Maschinen, begonnen vom Landwirtschaftsfahrzeug über Baumaschinen bis hin zum Müllfahrzeug. „Produkte, die mit immer weniger Manpower immer mehr Output erreichen. Das ist eine Riesenchance für den europäischen Maschinenbau, die Zulieferindustrie und KFZ-Industrie, um hier Trends zu setzen.“

Future Forum

Kopetz fügte aber hinzu, dass es dazu Entschlossenheit und Mut benötige, um die Zügel in die Hand zu nehmen. „Europa hat eine gute Technologiebasis im Industrial-Tech-Segment, aber Asien und Amerika schlafen nicht. Wir müssen schnell sein und uns Kernvorteile verschaffen. Das gelingt durch gute Netzwerkorganisation. Wenn wir es zusätzlich schaffen, anderen Märkten zu demonstrieren, dass die Europäer in diesem Segment die Besten sind, werden die anderen Märkte bei uns einkaufen.“Veranstaltungen: Im Rahmen des Future Forum der Wiener Börse diskutieren im 250. Jubiläumsjahr nationale und internationale Experten, Vordenker und Wissenschafter über Innovation, Wandel und ihre Vision der Wirtschaft der Zukunft.

Das Video zum Event „Innovation Made in Austria – Industrie der Zukunft finanzieren“ können Sie nachsehen unter:
www.wienerboerse.at/250

Information

Die Podiumsdiskussion beruht auf einer Medienkooperation mit der „Presse“ und entstand mit finanzieller Unterstützung der Wiener Börse AG.

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