Coronakrise

Städtetourismus startet zur Aufholjagd

Die Presse/Fabry
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„Wenn es wieder nach oben geht, werden die Städte in ihre langjährige Rolle als Wertschöpfungsmotoren, Innovationstreiber und Garant für touristische Ganzjahresarbeitsplätze zurückfinden“, ist Wiens Tourismuschef überzeugt.

Kaum ein Bereich ist von der Coronakrise so schlimm getroffen worden wie der Städtetourismus. Nun startet man zur Aufholjagd, wie der Sprecher des ARGE Städtetourismus der Landeshauptstädte, Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner, betonte. Hoffnungen auf eine schnelle Normalisierung will er jedoch nicht wecken. Die Erholung, so befürchtet er, wird länger dauern.

"Covid-19 sorgte für drastische Einschnitte im globalen Städtetourismus, dessen Erholung noch einige Jahre in Anspruch nehmen wird. Angesichts der bevorstehenden Öffnung vereint uns aber vor allem eines: Optimismus, Mut und die Bereitschaft, den Restart voranzutreiben und die Resilienz der gesamten städtischen Tourismuswirtschaft für die Zukunft zu stärken. Denn eines ist sicher: Wenn es wieder nach oben geht, werden die Städte in ihre langjährige Rolle als Wertschöpfungsmotoren, Innovationstreiber und Garant für touristische Ganzjahresarbeitsplätze zurückfinden", versicherte Kettner.

Einer der Gründe für die schwierige Lage ist das Ausbleiben der Auslandsgäste. Kaum ein Segment in Österreichs Tourismus sei stärker auf offene Grenzen angewiesen als die Städtedestinationen, erläuterte Kettner. Kongresse, Firmentagungen und Geschäftsreisen würden nicht nur stark von internationalem Publikum gespeist, sie würden zugleich als Umsatz- und Wachstumstreiber gelten. Das Angebot in den Städten sei vielfältig und groß und würde Touristen aus aller Welt anziehen - diese würden zugleich dieses Angebot mitfinanzieren, verwies er auf die Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs: "Ohne Städtetourismus werden mittelfristig weder unser Kulturleben noch die erstklassige Infrastruktur im urbanen Raum finanzierbar bleiben."

Volle Marketing-Power

Eine Voraussetzung dafür, dass Städte wieder ihre Funktion als Orte der Begegnung, Internationalisierung und Eintrittspforte zum weiteren Erschließen des Landes einnehmen könnten, sei die Wiedererrichtung internationaler Verkehrswege. "Aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen haben die Themen Connectivity, Stärkung der Fluganbindung sowie der Netzwerkfunktion des Home Carriers Austrian Airlines höchste Priorität," beteuerte Kettner. Auf kürzeren und mittleren Distanzen gewinne der immer leistungsfähigere Schienenverkehr wie auch die Renaissance des Fernbusverkehrs an Bedeutung. Der gezielte Ausbau des öffentlichen Verkehrs, der Städte mit den ländlichen Regionen verbindet, sei ebenfalls wichtig.

Man habe die Zeit genutzt, um höchste Sicherheits- und Hygienestandards zu setzten, zerstreute er etwaige Bedenken in Sachen Infektionsgefahr. "Nun gilt es, die Stärken der Städte mit voller Marketing-Power zu kommunizieren. Dabei zählen wir auch auf die Unterstützung der Österreich Werbung, deren Auslandsbüros bereits in der Vergangenheit ein verlässlicher Partner und ein nicht wegzudenkendes Standbein im Destinationsmarketing waren - und die durch die Folgen von Corona noch mehr an Bedeutung gewonnen haben," sagte Kettner. Er regte an, die "längst überfällige, seit nunmehr zwei Jahrzehnten nicht mehr durchgeführten Anpassung des Budgets der Österreich Werbung aktuellen Erfordernissen anzugleichen".

Zwei Drittel weniger Nächtigungen

Städte seien Ganzjahresdestinationen und als solche auch Ganzjahresarbeitgeber, hob Kettner hervor. Derzeit sei es "jedoch nicht von der Hand zu weisen", dass vor allem der Städtetourismus länger als andere auf Unterstützung angewiesen sein werde: "Es wird wohl noch einige Zeit notwendig sein, Nachfrageschwankungen auf betrieblicher Ebene mit Maßnahmen wie Kurzarbeit ein Instrument entgegenzusetzen, um das Wirtschaften in den kommenden, noch nachfrageschwachen Monaten zu ermöglichen." In der nächsten Phase seien zielgerichtete Förder- und Unterstützungsmaßnahmen nötig. Der Städtetourismus brauche hier "intensivere Zuwendung" als der ländliche Ferientourismus, der "auf eine durchaus perspektivenreiche Sommer-Saison" blicken könne.

Wie dramatisch der Einbruch war, veranschaulichen laut Kettner auch die Zahlen: Die Bundeshauptstadt sowie die acht Landeshauptstädte waren 2020 mit einem Rückgang von 68,5 Prozent auf 8,2 Millionen Nächtigungen konfrontiert - und damit mit einem doppelt so hohen Rückgang wie gesamt Österreich (minus 35,9 Prozent auf 97,9 Millionen Nächtigungen, Anm.). Dabei seien es ausgerechnet die Städte gewesen, die zuvor Treiber der touristischen Entwicklung Österreichs waren, hob er hervor: Ab dem Jahr 2000 - bis Ende 2019 - wuchsen die Gesamtnächtigungen laut Kettner in ganz Österreich um rund 34 Prozent, in den Landeshauptstädten hingegen um rund 109 Prozent, in Wien sogar um 129 Prozent.

(APA)

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