Medien

Brüllt der MGM-Löwe bald für Amazon?

Leo, das stolze Wappentier des MGM-Logos, macht sich 1928 für seine Großaufnahme bereit.
Leo, das stolze Wappentier des MGM-Logos, macht sich 1928 für seine Großaufnahme bereit.(c) Picturedesk
  • Drucken

Berichten zufolge erwägt der Onlinehändler Amazon den Kauf des legendären Filmstudios MGM. Dabei geht es vor allem um Streamingrechte – und um James Bond.

In Hollywoods Blütezeit war der „MGM Style“ ein mächtiges Markenzeichen. Üppige Ausstattung, aufwendige Inszenierung, prachtvolles Kostüm, extravagantes Dekor: Dafür stand das Studio Metro-Goldwyn-Mayer. Sein Filmkatalog aus dieser goldenen Ära ist historisch gesehen eine höchst wertvolle Schmuckschatulle. Doch er allein hätte kaum die Aufmerksamkeit Amazons geweckt. Der Onlineversand und Digitalgigant verhandelt derzeit, wie etliche US-Medien berichten, mit den jetzigen Studioinhabern über eine Akquise zum Preis von rund neun Milliarden Dollar (7,4 Mrd. Euro).

Der Konzern schielt vor allem auf jüngeren „Content“, der sich in MGM-Obhut befindet. Obwohl sie an ihrer Produktion nur teilweise und indirekt beteiligt gewesen ist, hält die Firma die Rechte an den James-Bond-, Rocky-, RoboCop- und Pink-Panther-Filmreihen ebenso wie an ikonischen Einzelfilmen, etwa „Das Schweigen der Lämmer“ oder „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“. Dazu kommen TV- und Serienhits wie „Fargo“, „Survivor“ und „The Handmaid's Tale“. Insgesamt sind es an die 4000 Titel.

Ob der Deal zustande kommt, ist derzeit noch unklar. Doch schon die Möglichkeit ist ein Zeichen der Zeit. Das Ringen um lukrative Inhalte spitzt sich im Zuge der pandemiebefeuerten „Streamingkriege“ immer weiter zu. Das Unterhaltungsangebot Amazons macht nur einen kleinen Teil seiner Umsatzstärke aus, aber der Streamingmarkt wächst rasant, und ein attraktives Videoangebot hilft bei der Kundenbindung. Um Spitzenreitern wie Netflix (und neuerdings auch Disney) die Stirn bieten zu können, brauchen Konkurrenten scharfe Munition. Die würde jemand wie James Bond, seit jeher ein globales Blockbuster-Zugpferd, mitbringen. Ob er dann noch ins Kino kommt, steht auf einem anderen Blatt.

Konsolidierung schreitet voran

So schreitet im Zuge der laufenden Konsolidierungswelle in der Medienbranche auch die Erosion des alten Hollywoods voran. 20th Century Fox wurde 2017 von Disney geschluckt (und gleich in „20th Century Studios“ umbenannt). Warner Media (einst Warner Brothers) wurde kürzlich vom Telekomriesen AT&T veräußert und mit dem Fernsehunternehmen Discovery fusioniert.

Dass MGM, das seit 1969 wiederholt den Besitzer wechselte und schon 2010 vor dem Bankrott stand, nicht früher von einem hungrigen Content-Verwalter einverleibt wurde, liegt auch daran, dass seine Hedgefondseigner den Preis mit Kassenschlagern wie „No Time to Die“ hochtreiben wollten. Corona verhinderte das.

Die Übernahme wäre ein farbloses Ende für die glanzvolle Geschichte von Metro-Goldwyn-Mayer. Das Studio entstand 1924 als Konglomerat aus kleineren „Playern“, wie man heute sagen würde. Rasch machte es sich einen Namen mit stilvollem Luxuseskapismus für die Massen, mit farbenfrohen Fantasiestücken wie „The Wizard of Oz“ und glückseligen Musicals à la „Singin‘ in the Rain“. MGMs legendärer künstlerischer Leiter Cedric Gibbons drückte bis 1956 zahllosen Produktionen seinen ästhetischen Stempel auf. Er schuf opulente Filmwelten zwischen Art déco und alter Welt, in die sich Superstars wie Greta Garbo, Joan Crawford und Clark Gable einfügten wie Gemmen in ein Veloursfutteral. Choreografenkönig Busby Berkeley kredenzte in den 1940ern Massenornamente in Technicolor.

Und obwohl der Leumund von Studiochef Louis B. Mayer viele Kratzer hat (gleich zwei jüngere Oscar-Filme, „Mank“ und „Judy“, zeichnen ihn als manipulativen Egoisten), förderte er Regiegrößen wie King Vidor. Ein später Großerfolg nach Mayers Tod war William Wylers Sandalenepos „Ben Hur“ (1959). Auch David Leans „Doctor Schiwago“ (1965) und Stanley Kubricks „Odyssee im Weltraum“ (1968), die MGM vertrieb, sorgten für Aufsehen.

Ein MGM-Star wird jedenfalls in Erinnerung bleiben: Leo der Löwe, der lange Zeit das Logo des Studios zierte und jeden seiner Filme mit Gebrüll eröffnete. Sein Andenken bleibt von den Algorithmen ungezähmt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Übernahmepläne

Amazon streckt Fühler nach MGM-Filmstudios aus

Ein Zukauf könnte das Streaming-Portfolio von Amazon stärken. Der Kaufpreis soll neun Milliarden Dollar betragen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.