LITERATUR

Klemens Renoldner: Anständige und Halunken

Versöhnlich: Renoldners neue Erzählungen, Monologe und Reportagen.

Klemens Renoldner, mittlerweile im Pensionsalter, kann auf ein bewegtes Berufsleben zurückblicken. Er hat als Dramaturg, Regisseur und Schauspieldirektor an mehreren Theatern gearbeitet, als Kurator für Literatur und Wissenschaft an der Österreichischen Botschaft in Berlin, er war Leiter des Salzburger Stefan Zweig Zentrums, hat an diversen Universitäten gelehrt und literarisch wie journalistisch publiziert. Diese vielfältige Arbeitserfahrung spiegelt sich auch in seiner jüngsten Buchveröffentlichung wider. „Fein vorbei an der Wahrheit“ setzt den vor fünf Jahren im selben Verlag erschienenen Band „Der Weisheit letzter Schuss: Von wankelmütigen Weltbürgern, fadenscheinigen Biotopen und gutartigen Bühnenschönheiten“ fort.

In einer Vorbemerkung berichtet Renoldner von seinem Großvater, der bei der Gendarmerie in Linz gearbeitet hat und nach dem Einmarsch der Wehrmacht von seinem Vorgesetzten verhaftet, ins Gefängnis und vorübergehend ins KZ gebracht wurde. Es war der Großvater, der ihn über zweierlei Sorten von Menschen belehrt hat, über Anständige und Halunken. Die kommen auch später vor, aber in eher weich gezeichneter Form. Ein Erzähler des Zorns und der Zuspitzung ist Renoldner nicht. Ist es diese Neigung zur Milde, die ihn, ganz ohne Ironie, versichern lässt, es sei „für jeden Gendarmeriebeamten“ selbstverständlich gewesen, „Aktivitäten der zwischen 1934 und 1938 in Österreich verbotenen NSDAP zu verhindern, Hakenkreuzfahnen herunterzuholen und Rädelsführer zu verhaften“? Sollen wir daraus schließen, dass die österreichischen Nazis 1938 aus dem Schaum geboren wurden, oder dass unter ihnen keine Gendarmen waren?

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