Ansiedlung

Der Wolf kommt: Österreich mangelt es an Hirten

Wolf, Hirte
Wolf, HirteDie Presse/Clemens Fabry
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Aus ökologischer Sicht könnte Österreich laut Tierschützern um die hundert Wölfe vertragen – dem Landwirt, dessen Tiere sie reißen, ist ein einziger schon zu viel. Der WWF fordert bessere Herdenschutzmaßnahmen.

Die Weidesaison der Schafe und Ziegen beginnt, und auf den Almen wartet schon der „böse Wolf“: Bis 17. Mai wurden in Österreich heuer 27 Wölfe gezählt, Tendenz steigend. Das Problem: Einige der sowieso wenigen Hirten wandern aus, die Weidetiere grasen ungeschützt – und die Wölfe haben ein offenes 24-Stunden-Buffet.

Alle Jahre wieder machen Wölfe mit Viehrissen Schlagzeilen. „Die Landwirte halten oft sehr kleine Herden und können sich keine Hirten leisten“, sagte Christian Pichler, Biologe vom WWF, am Montag in einem Online-Pressegespräch. Zudem gebe es kaum gut ausgebildete Herdenschutzhunde. Das größte Problem seien aber die schlechte Bezahlung und der Mangel an Unterkünften, weshalb viele Hirten auswandern oder die Sommer in Italien oder in der Schweiz verbringen. „Behirtung schützt die Tiere vor Krankheiten, Unwetter oder Steinschlag. Das sind sehr viel häufigere Todesursachen als Wölfe“, sagte Landwirt und „Hirtenkultur“-Vereinsgründer Stefan Knöpfer. Gemeinsam mit anderen Landwirten fordert der WWF mehr Unterstützung von der Politik.

Im Vorjahr gab es landesweit 40 Wölfe – Tierschützer gehen davon aus, dass einige illegal abgeschossen wurden. „Wir müssen uns in Zukunft auf immer mehr Wölfe einstellen“, sagt Pichler. Nur in Wien und dem Burgenland wurde heuer noch keiner gesichtet. Aus Sicht des Naturschutzes sei die Rückkehr der Wölfe ein gutes Zeichen: „Der Rotwild- und Wildschweinbestand kommt gut damit zurecht, die Tiere sind evolutionär aneinander gewöhnt. Wir Menschen haben verlernt, mit dem Wolf zu leben.“

Grafik: Die Presse/Gregor Käfer

Bisher drei Populationen

„Im Winter wurde in Gutenbrunn ein Wolfspaar gesichtet, daher ist mit Nachwuchs zu rechnen“, sagt Pichler. Erst Ende des Jahres werde sich zeigen, wie viele Wölfe heuer tatsächlich in Österreich leben oder lebten. „Wir müssen die genetischen Analysen abwarten, weil es ja sein kann, dass ein Wolf von Vorarlberg nach Niederösterreich wandert, und es sich bei mehreren Nachweisen um ein und denselben Wolf handelt“, sagt Pichler. Sicher ist, dass Wölfe aus Nachbarländern eingewandert sind – von den italienischen oder Schweizer Alpen und aus Deutschland nach Vorarlberg, sowie von Slowenien in die Steiermark.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2021)

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